Sonntag bis Donnerstag: 9.00-17.00 Uhr Freitags und an den Abenden vor einem Feiertag: 9.00-14.00 Uhr
Yad Vashem ist an Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen.
Sonntag bis Donnerstag: 9.00-17.00 Uhr Freitags und an den Abenden vor einem Feiertag: 9.00-14.00 Uhr
Yad Vashem ist an Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen.
Diese Gedenkveranstaltung ist konzipiert für Schülerinnen und Schüler ab der 9. Jahrgangsstufe an weiterführenden Schulen (Realschule, Gymnasium), als auch für entsprechende Lerngruppen aus dem außerschulischen Bereich.
Die Dauer beträgt ca. 20 Minuten.
Mit dieser Gedenkveranstaltung können Schülerinnen und Schüler die Erlebnisse zweier Holocaustüberlebender und ihrer Familien mitverfolgen: Zwi Bacharach aus Deutschland und Hannah Weiss aus Italien.
Als mit Endes des zweiten Weltkriegs deutlich wurde, dass die Nazis und ihre Verbündeten während des Holocaust systematisch annähernd sechs Millionen Juden ermordeten hatten, standen die, die den Holocaust überlebt hatten, vor einem unendlich schwierigen Neuanfang. Sie mussten mit Erinnerungen zu recht kommen, welche ihr Leben für immer veränderten.
Da viele Überlebende nicht über ihren Leidensweg sprechen wollten oder konnten, werden wir nie ihre Geschichte erfahren. Andere fühlten sich verpflichtet, ihre Erfahrungen als Vermächtnis an die zukünftigen Generationen weiter zu geben.
Wir schlagen vor, den gesamten Text der Gedenkveranstaltung mit verteilten Rollen zu lesen. Benötigt werden drei Sprecher/innen
Zum Einstieg könnte ein passendes Musikstück life oder per Tonträger dienen oder ein kurzer Text vorgetragen werden (z. B. von Primo Levi, Elie Wiesel, Ruth Klüger oder Selma Meerbaum-Eisinger).
[Sprecher/in 1]
Zwischen 1933 und 1945 haben die Nazis und ihre Verbündeten sechs Millionen Juden umgebracht. Davon waren eineinhalb Millionen Kinder. Sie wurden allein auf Grund ihrer jüdischen Identität zu den Opfern dieses Völkermords.
Am 27. Januar 1945 wurde das größte Konzentrations- und Vernichtungslager, Auschwitz/Birkenau in Polen, von der sowjetischen Armee befreit.
Heute halten viele verschiedene Länder überall in der Welt an diesem Tag einen Gedenktag für die Opfer des Holocaust.
Im Januar 1933 lebten etwa 500.000 Juden in Deutschland. Ungefähr die Hälfte verließ Deutschland zwischen 1933 und 1935 in Sorge und zunehmender Bedrängnis durch den Anstieg des Antisemitismus und die Einführung der Nürnberger Gesetze 1935. Die Nürnberger Gesetze dienten als legale Grundlage für die rassistische, antijüdische Politik in Deutschland. Juden mit drei oder vier jüdischen Großeltern wurden als sogenannte Vollblut-Juden definiert und systematisch aus dem Leben der deutschen Öffentlichkeit und Kultur ausgeschlossen.
Zudem legitimierte diese Gesetzesgrundlage antisemitische Ausschreitungen und Festnahmen, die bereis in den Monaten zuvor stattgefunden hatten.
Professor Walter Zwi Bacharach wurde 1928 in Hanau geboren. Zwi lebte mit seinen Eltern und seinem Bruder in wohlhabenden Verhältnissen, bevor Hitler an die Macht kam. Die Familie hielt sich an die jüdischen Traditionen und war gleichzeitig stolz, deutsche Bürger zu sein. Zwis Mutter mochte die deutsche Literatur, besonders Gedichte und Lieder von Heinrich Heine oder Johann Wolfgang von Goethe. Der Vater hatte im ersten Weltkrieg als Soldat gedient und war im Bankwesen tätig, später im Versicherungsgeschäft. Die Bacharachs haben sich bewusst als Juden und als Deutsche wahrgenommen.
Zwi erinnert sich:
[Sprecher/in 2]
„Meine Familie war nicht streng religiös, aber traditionell – wir haben Schabbat und die jüdischen Festtage eingehalten. Bis 1933 kann ich mich nicht an eine besondere Kindheit erinnern. Damals hatte ich viele deutsche Freunde, bis zur Nazizeit. Auch meine Eltern hatten viele deutsche Freunde. Einige deutsche Juden waren gut integriert und hatten sich angepasst. Meine Mutter war stark eingebettet in die deutsche Kultur – sie fühlte sich deutsch und jüdisch zugleich. Sie war sich bewusst, dass wir Juden waren, aber wir waren integriert. Mein Vater kämpfte als Soldat im ersten Weltkrieg und erhielt Medallien in Anerkennung seiner Verdienste. Wir waren eine typische deutsch-jüdische Familie – unserer jüdischen Identität bewusst, aber deutschdenkend.“
[Sprecher/in 1]
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden viele jüdische Häuser, Geschäfte und Synagogen geplündert und in Brand gesteckt. Dieser Progrom, häufig als Kristallnacht bezeichnet, wurde von den Nazis in Deutschland und Österreich organisiert. Ungefähr 30.000 Juden, viele von ihnen angesehene und prominente Bürger, wurden verhaftet und in die Konzentrationslager Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald deportiert. Dort wurden sie so unmenschlich und brutal behandelt, dass viele die KZ-Haft nicht überlebten. Unmittelbar während der Ausschreitungen starben etwa 90 Juden. Angesichts dieser dramatischen Ereignisse versuchten viele deutsche Juden, die bis dahin noch in Deutschland geblieben waren, zu emigieren.
Diejenigen, die bei Ausbruch des Krieges im September 1939 noch nicht geflohen waren, mussten unter unerträglichen und bedrohlichen Alltags-bedingungen leben.
Zwi berichtet:
[Sprecher/in 2]
„Ich besuchte die Grundschule in Hamburg, und wir waren dort bis zum Ausbruch der Kristallnacht, 1938. Meine Eltern, wie viele andere auch, verstanden nicht, was vor sich ging. Mein Bruder und ich waren auf einer jüdischen Schule in Hamburg. Wenn wir nach Hause gingen, wurden wir von der Hitler-Jugend verprügelt, welche aus einer nicht jüdischen Schule neben unserer Schule kam. Wir kamen verletzt zu Hause an. Schließlich gelang es meinen Eltern, mit meinem Bruder und mir nach Holland zu fliehen, wo wir bis 1942 lebten, bis die Nazis kamen und uns gefangen nahmen.“
[Sprecher/in 1]
Als Kind wurde Zwi in den Niederlanden gezwungen, einen gelben Stern an seiner Kleidung zu tragen. Er beschreibt, was er beim Tragen dieser demütigenden Kennzeichnung empfand.
[Sprecher/in 2]
„Ich würde nicht mal sagen, dass es beleidigend war. Es war peinlich, weil alle sich umdrehten und dich anstarrten. Ich vergleiche das immer mit dem Gefühl, welches ich bei meiner Bar Mitzvah hatte, als ich einen großen Hut für die Synagoge tragen musste. Als ich den Hut trug, starrten mich alle an, und mit dem Stern war es das gleiche. Ich fühlte mich isoliert; auf dich richtet sich die Aufmerksamkeit. Es war ein schreckliches Gefühl, aber man kann es nicht vergleichen mit dem, was danach kam.“
[Sprecher/in 1]
Die meisten italienischen Juden waren assimiliert und gehörten dem arbeitenden Mittelstand an. Sie lebten seit Generationen in Italien und waren stark überzeugte Patrioten. Es gab nahezu keinen Antisemitismus im Land - bis 1936, als der italienische Primierminister Benito Mussolini versuchte, die Balance zu finden zwischen seiner Beziehung zum Westen und seiner Unterstützung für Adolf Hitler.
Im September 1938 initiierte Mussolini eine antisemitische Pressekampagne, um Hitler zufrieden zu stellen. Gleichzeitig verpflichtete sich die italienische Regierung durch die Bekanntgabe von antijüdischen Gesetzen, ähnlich den Nürnberger Gesetzen, zur Mitgliedschaft bei den sogenannten Achsenmächten, den mit Nazi-Deutschland verbündeten Staaten.
Die meisten italienischen Juden waren jetzt gezwungen, sich zu verstecken. Viele haben überlebt durch die Hilfe von ihren nichtjüdischen Mitbürgern, oftmals religiöse Christen. Mehr als 6.800 italienische Juden (ca. 15%), konnten sich jedoch nicht retten und fielen in die Hände der Nazis. Sie wurden in Auschwitz-Birkenau ermordet.
Auch wenn die Italiener viel milder mit der Durchsetzung der Gesetze umgingen als die Deutschen in ihrem Land, waren die italienischen Juden schrecklichen Erniedrigungen und großer Not ausgesetzt.
Hannah Weiss wuchs in einer schönen Hafenstadt, Fiume in Italien, auf. Hannah gehörte der jüdischen Gemeinde an, bestehend aus etwa zweitausend Juden. Viele von ihnen, wie Hannahs Vater, waren Emigranten aus dem früheren österreichisch-ungarischen Reich. Hannah und ihre Familie waren als Juden und als loyale Italiener durch und durch integriert in ihre Gemeinde. Sie sprachen verschiedene Sprachen - ungarisch, deutsch, und italienisch -, und passten so gut in das internationale Flair der Stadt.
Hannah, ihr Bruder und zwei Schwestern hatten eine glückliche Kindheit bis 1938, als die rassistischen, antijüdischen Gesetze in Italien eingeführt wurden.
Hannah erinnert sich:
[Sprecher/in 3]
„Ich war das einzige jüdische Kind in meiner Klasse und ich hab mich nie unwohl gefühlt. Das einzige antisemitische Erlebnis, welches ich erinnere, war, als ich mit meinem katholischen Kindermädchen auf der Straße ging, als ein kleiner Junge aus dem armen Stadtteil uns einholte und im Vorbeigehen ‚chifuti’ – Jude sagte. Das christliche Kindermädchen an meiner Seite sagte darauf: „Weißt du, wer Jesus war? – Jesus war ein Jude – also Schluss mit diesem ‚chifuti’.“
Ich war sogar in einer faschistischen Jugendbewegung aktiv, bis sie mich 1938 rausgeworfen haben.“
[Sprecher/in 1]
Nach der Einführung der antijüdischen Gesetze 1938 wurden viele italienische Juden in die Länder deportiert, aus denen sie vor Jahren eingewandert waren. Da Fiume erst Anfang der 1920er-Jahre Teil Italiens geworden war, hatte dies schreckliche Folgen für viele Juden, die plötzlich ihre Staatsbürgerschaft verloren.
Hannah erinnert sich:
[Sprecher/in 3]
„Die Vertreibung begann. Die Juden aus Ungarn erhielten eine Ausweisung und mussten nach Ungarn zurückkehren. Ich erinnere mich, dass wir dicht bei unseren Nachbarn standen, ich hatte immer mit den Kindern gespielt, wir waren gute Freunde.“
[Sprecher/in 1]
Im November 1941 waren bereits die Vernichtungslager Chelmno und Belzec errichtet worden, wo die Opfer mit Giftgas ermordet wurden. Zwi Bacharachs Familie, welche von Deutschland nach Holland geflohen war, wurde nun in einem Durchgangslager interniert, dann in ein Ghetto und schließlich in ein Vernichtungslager deportiert. Der Alptraum des Holocaust nahm in seinen verschiedenen brutalen Formen für die Familie Bacharach Gestalt an.
Zwi erinnert sich:
[Sprecher/in 2]
„Der 29. Januar 1942, die Gestapo kam in unser Haus. Ich erinnere dies ganz genau, weil ich krank zu Hause im Bett lag mit hohem Fieber, und die Gestapo gab uns, und daran kann ich mich so gut erinnern, nicht fünf, nicht zehn, sondern acht Minuten Zeit, um aus dem Haus und zum Bahnhof zu kommen.“
[Sprecher/in 1]
Zwi und seine Familie wurden nach Westerbork gebracht, ein Durchgangslager, das die meisten holländischen Juden passieren mussten, bevor sie weiter in die Nazi-Vernichtungslager nach Osteuropa verschleppt wurden.
Ein Jahr später wurde die Familie in das Ghetto von Theresienstadt deportiert. Das Leben hier war sehr schwierig, aber wenigstens waren sie gemeinsam einquartiert. Auch der Aufenthalt in Theresienstadt endete abrupt.
Zwi erklärt:
[Sprecher/in 2]
„... An Jom Kipur 1943 waren meine Brüder und ich auf der Straße, als wir eingesammelt wurden. Sie verfrachteten uns auf die Ladefläche und brachten uns zu den Wagons, die auf unseren Abtransport warteten. Mein Vater sah mich nicht mehr, er war bei der Arbeit. Ich sah meine Mutter, aber sie sah mich nicht. Das war das letzte Mal, dass ich sie am Leben sah.“
[Sprecher/in 1]
Nachdem die Deutschen in Italien einmaschiert waren, versuchten Hannah, ihre Mutter, zwei Schwestern und ihre Großeltern, in die Schweiz zu fliehen, aber sie wurden gefangen genommen und in das Gefängnis San Vittore eingesperrt. Später transportierten die Nazis sie nach Auschwitz/Birkenau, das größte Nazi-Vernichtungslager.
Auch Zwi und sein Bruder wurden nach Auschwitz-Birkenau deportiert.
Beide, Hannah Weiss und Zwi Bacharach, beschreiben, wie die Nazis und ihre Verbündeten sie auf dem Transport nach Osten demütigten.
Zwi erinnert sich:
[Sprecher/in 2]
„In dem Moment, als wir in den Viehwagon getrieben wurden, begann die Entmenschlichung. In Westerbork und Theresienstadt waren wir schikaniert und erniedrigt worden, aber die Entmenschlichung begann in dem Moment, als wir in den Viehwagon stiegen. Wir wurden wie Vieh behandelt. Einhundertfünfzig Menschen waren in diesem einen Viehwagon. Wir hatten nicht genug Platz, um uns hinzusetzen. Wir waren zwei Tage und zwei Nächte im Wagon. Dies war meine erste Konfrontation mit dem Tod – es gab bereits Tote im Wagon.“
[Sprecher/in 1]
Hannah berichtet:
[Sprecher/in 3]
„Wir wurden in einen Viehtransporter gesteckt. Innen war es riesig, es gab nichts außer einem Behälter oder Kübel. Die Leute stiegen in den Viehtransporter, als erstes die Alten, die sich sofort an die Wände gelehnt hinsetzten. Es gab kaum Platz. Achtzig Menschen wurden in diesen Transporter gesteckt.
Es gab vier kleine Luken, aber wir konnten nur eine öffnen, weil die anderen eine Art von Vergitterung hatten. Das Wesentliche, an das ich mich erinnere, ist der große Hunger und Durst, weil es kein Wasser zum Trinken gab.“
[Sprecher/in 1]
Um über die Ankunft im Vernichtungslager Auschwitz/Birkenau zu berichten, rufen sich Hannah und Zwi ihre schrecklichen Erinnerungen ins Gedächtnis.
[Sprecher/in 3]
„Das erste was ich sah, als sie die Tür vom Transporter öffneten bei der Ankunft in Birkenau, war ein Insasse mit seiner gestreiften Kleidung, der auf deutsch schrie: ‚Schnell, schnell, schnell, alle raus!’ Er war nicht der Einzige der schrie. Einhundert Männer, bekleidet wie er, schrieen zur gleichen Zeit, entlang der ganzen Länge der Verladerampe. Dazu kam das Gebell der SS-Hunde... Der Lärm war einfach schrecklich. Alles was wir wollten, war, auszusteigen, damit sie mit diesem widerlichen Gebrüll aufhörten. Wir waren verwirrt, dreckig, erschöpft und ausgehungert. Wo waren wir? Ich wusste es nicht. Wir wollten nur aus dem Transporter raus. Auf einmal war ich alleine, ich schaute nach meiner Familie, meine Familie schaute nach mir. So war alles ein einziger Schrei. Es schmerzte in unseren Ohren und es half uns definitiv nicht aus unserer schweren mentalen und körperlichen Verfassung, in der wir uns befanden...“
[Sprecher/in 1]
Der nächste Vorgang, den Hannah beschreibt, ist die endgültige Trennung von ihrer Familie. Dieser Vorgang wurde Selektion genannt. Dies war der Augenblick, in dem ein SS-Offizier mit einer kleinen Handbewegung entschied, wer sofort sterben sollte und wer für die Zwangsarbeit bestimmt war.
Hannah beschreibt dies so:
[Sprecher/in 3]
„Plötzlich befand ich mich vor einem deutschen Offizier. Er war groß, fett und elegant. Ich stand vor ihm. Er sprach nicht. Er schaute mich an und hob seine Faust und streckte seinen Daumen nach oben. Ich deutete daraus, dass ich zur rechten Seite gehen sollte. Ich schaute auf und durch den Stacheldraht sah ich dort einige Gestalten stehen. Ich verstand, dass ich zu ihnen sollte. Als ich zu ihnen hinüber ging, drehte ich mich um und sah meine ältere Schwester hinter mir. Ich fragte meine ältere Schwester: ‚Wo sind Mama, Magda und Großvater?“
[Sprecher/in 1]
Die Antwort auf Hannahs Frage steht in allen Geschichtsbüchern. Hannahs mütterliche Großeltern und die kleine Schwester wurden direkt in die Gaskammern gebracht und ermordet. Sie sah sie niemals wieder.
Bei der Ankunft im Lager selbst wurde Hannah in einen kleinen Raum gebracht, in dem zwei Frauen auf sie warteten.
Hannah erzählt:
[Sprecher/in 3]
„Ich spürte nicht, wie das zweite Mädchen meinen Arm nahm und mich mit einer Nadel stach. Sie hatte vielleicht zwei Ziffern eintätowiert, als ich bemerkte, was vor sich ging. Ich fing an zu schreien: ‚Was machst du?’ Sie erklärte mir dann, dass ich mir von nun an diese Nummer auf deutsch gut einprägen müsse, und ich tat dies sogar nachts, wenn ich wach lag. Auch lernte ich, die Nummer zu hören, wenn sie gerufen wurde, und ich sagte sie laut zu mir selbst. Mein Name Hannah, oder wer ich mal gewesen war, war nun ausgelöscht.
Sie war fertig mit mir und ich wurde in einen anderen kleinen Raum gebracht, um dort auf einem Stuhl zu sitzen. Jemand griff nach meinem Haar, hob es hoch, und innerhalb von zwei Minuten hatte ich eine Glatze. Dann brachten sie mich zu einem dritten Raum, in dem mir ein Mädchen sagte: ‚Zieh dich aus.’ Ich sah sie an. Was meinst du mit ‚Zieh dich aus’? Ich hatte mich noch nie im Leben vor jemandem ausgezogen, außer vor mir selbst zum duschen, und auch dann würde ich den Schlüssel zweimal im Schloss drehen.
Am Ende wurde ich aus dem Raum geschickt, nackt, kahl geschoren und nummeriert. So kam ich zu den anderen Frauen, die geschockt wie ich in einem großen Raum saßen...“
[Sprecher/in 1]
Zwi erinnert sich ebenfalls an die Ankunft in Auschwitz/Birkenau.
[Sprecher/in 2]
„Wir kamen aus dem Zug wie Vieh, die Frauen wurden vom Transport getrennt. Ein Mann, der mir beim Aussteigen half, meinte zu mir, ich solle sagen ich sein achtzehn. Eigentlich war ich fünfzehn. Wir mussten uns ausziehen und erhielten die gestreifte Uniform und Holzschuhe, die an unseren Füßen schmerzten. Alles geschah in Eile. Unser Transport war dazu bestimmt, in Deutschland Zwangsarbeit zu leisten. Das war unser Glück, so wurde uns keine Nummer eintätowiert.“
[Sprecher/in 1]
Zwi fährt fort mit der Beschreibung der täglichen Torturen und seinem sich steigernden Schmerz.
[Sprecher/in 2]
„Einmal am Tag erhielten wir eine Mahlzeit aus wässriger Suppe, die wir uns zu fünft teilen mussten. Ich sage immer, das war der größte Schmerz, außer der Sehnsucht nach den Eltern, der Schmerz des Hungers. Für die Jungen gab es keine Lösung, nur Hunger. Hunger war in unseren Köpfen, die ganze Zeit.
Manchmal bekamen wir ein Stück Brot, welches wir zwischen uns fünf aufteilen mussten. Es gab immer einen Kampf um das Brot, und wir Jungen haben immer verloren, weil wir nicht stark genug waren. Ich weiß nicht, wie ich überlebt habe. Wir haben nur existiert, und viele sind gestorben. In der Früh, bei eisiger Kälte, fast zu Tode gefroren, standen wir da zum Zählappell. Ich weiß nicht, wie oder warum wir am Leben blieben. Es war absolute Folter.“
[Sprecher/in 1]
Sowohl Zwi und sein Bruder, als auch Hannah und ihre Schwester, schafften es, den Horror von Auschwitz/Birkenau zu überleben.
Fast alle Familienangehörigen, warum auch immer, hatten nicht das Glück.
Hannahs Mutter, ihre Schwester und die Großeltern wurden kurz nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet.
Zwis Vater wurde mit seinen beiden Söhnen nur kurzzeitig interniert. Er erzählte den Söhnen von dem Tod ihrer Mutter während des Transports, danach gab er niemals wieder ein Wort von sich.
Der Vater und seine beiden Söhne wurden in ein Lager bei Leipzig gebracht, Tolcha. Dort arbeiteten sie achtzehn Stunden am Tag in einer Munitionsfabrik unter schrecklichen Bedingungen.
Im März 1945, als die Alliierten vordrangen und die Nazis realisierten, dass sie den Krieg verlieren würden, wurden die Gefangenen, einschließlich Zwi, seinem Bruder und Vater auf einen sinnlosen Todesmarsch geschickt. Während des Marsches wurde Zwis Vater vor den Augen seiner Söhne von einem Nazi erschossen. Zwi und sein Bruder überlebten den Todesmarsch und wurden schließlich von amerikanischen Soldaten befreit.
Nach dem Krieg kehrte Hannah nach Italien zurück und fand dort ihren Vater wieder. Sie wurde Krankenschwester und wanderte später nach Israel aus. Sie heiratete einen jüdisch-ungarischen Überlebenden des Holocaust, mit dem sie drei Kinder bekam.
Auch Zwi entschied sich, nach Israel auszuwandern. Nachdem er die Schulzeit abgeschlossen hatte, wurde er Geschichtslehrer und Professor für allgemeine Geschichte an der Bar-Ilan Universität in Tel Aviv. Er und seine Frau haben drei Kinder und viele Enkel.
Die persönlichen Erinnerungen von Zwi und Hannah, die wir gerade gehört haben, sind Teil eines kollektiven Gedächnisses der Menschen, die den Holocaust überlebt haben. Wir sind Zwi und Hannah und all den anderen, die uns ihr Vermächtnis aufgetragen haben, verpflichtet, ihre Hinterlassenschaft für zukünftige Generationen am Leben zu erhalten.
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