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Ausstellung Das Auschwitz-Album

Zielgruppe: ab 15 Jahren

Das Auschwitz-Album ist das einzige erhaltene fotografische Zeugnis für den Ablauf des Massenmords in Auschwitz-Birkenau. Dieses einzigartige Dokument wurde Yad Vashem von Lilly Jacob-Zelmanovic Meier überlassen, die das Album direkt nach der Befreiung gefunden hat.

Hier finden Sie pädagogische Handreichungen, die begleitend zur Ausstellung zusammengestellt wurden.

Einleitung zum Medium Fotografie

Fotografien spielen eine wichtige Rolle in kollektiven Erinnerungsprozessen. Wir erinnern uns vor allem an das, wovon Bilder existieren. Daher kommen Fotografien eine wichtige Rolle als historischen Quellen zu.

Durch Fotografien können komplexe Dinge direkt und ohne Worte ausgedrückt werden.

Sie halten einen Augenblick für alle Zeiten fest und erlauben den Betrachterinnen und Betrachtern dadurch einen direkten Zugang zu vergangenen Zeiten. Dieser festgehaltene Augenblick wird oft als objektive Realität oder Wahrheit wahrgenommen, da er durch ein neutrales technisches Medium – eine Kamera – aufgenommen wurde.

Allerdings reflektiert eine Fotografie nicht nur die Realität, sondern interpretiert sie auch. Wie andere historische Dokumente zeigen auch Fotografien einen Ausschnitt eines Geschehens – ein Bruchstück der Realität – der eine subjektive Perspektive der Fotografin oder des Fotografen darstellt. Somit ist ein Foto immer sowohl eine Ablichtung der Wirklichkeit als auch ihre Interpretation. Die Fotografin oder der Fotograf wählt das Motiv, die Zeit, den Blickwinkel, den thematischen Rahmen des Fotos und formuliert gegebenenfalls die Bildunterschriften. All diese Aspekte können zu unterschiedlichen Interpretationen führen und auf diese Weise Einfluss auf die Darstellung der historischen Realität nehmen.

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass Fotografien ebenso kritisch untersucht werden, wie andere Quellen. Eine quellenkritische Bildanalyse sollte folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Wer hat die Fotografien gemacht?
  • Aus welcher Perspektive sind die Fotografien aufgenommen wurden? Welche Kamerablicke werden auf die Szene geworfen?
  • Was ist der Zweck der Fotografien? Aus welchem Grund worden die Fotos gemacht?
  • Was kann den Bildunterschriften entnommen werden? Von wem und aus welcher Zeit stammen sie?
  • Wo und unter welchen Umständen wurden die Fotografien gefunden? In welchem Zusammenhang werden sie seit ihrer Entstehung verwendet?
  • Was ist auf den Fotografien erkennbar? Wer oder was ist wie dargestellt? (Symbolsprache der Fotografie)
  • Welche Aspekte eines Geschehens sind nicht dargestellt? Welche Aspekte fehlen in den Bildern?
  • In welchem historischen Kontext stehen die Fotografien?

Das Auschwitz Album

Das Auschwitz-Album ist das einzige erhaltene fotografische Zeugnis für den Ablauf des Massenmords in Auschwitz-Birkenau. Das einzigartige Dokument wurde Yad Vashem von Lilly Jacob-Zelmanovic Meier überlassen.

Die Fotos wurden Ende Mai oder Anfang Juni 1944 von Ernst Hofmann oder Bernhard Walter aufgenommen, zwei SS-Männern, deren Aufgabe es war, Erkennungsfotos von den Gefangenen (außer von den Jüdinnen und Juden, die direkt in die Gaskammern geschickt wurden) anzufertigen und ihnen Fingerabdrücke abzunehmen. Die Fotos zeigen die Ankunft ungarischer Jüdinnen und Juden aus der Karpato-Ukraine. Viele von ihnen kamen aus dem Ghetto Berehovo, das ein Sammelpunkt für Jüdinnen und Juden aus mehreren anderen kleinen Städten war.

Im Frühsommer 1944 erreichte die Deportation der ungarischen Jüdinnen und Juden ihren Höhepunkt. Zu diesem Zweck wurde eine eigene Bahnstrecke vom Bahnhof außerhalb bis zu einer Rampe innerhalb des Lagers Auschwitz-Birkenau angelegt. Viele der Fotos in dem Album wurden auf der Rampe aufgenommen. Nach der Ankunft wurden die Jüdinnen und Juden einem Selektionsprozess unterzogen, der von SS-Ärzten und Aufsehern durchgeführt wurde. Diejenigen, die für arbeitsfähig befunden wurden, schickte man ins Lager, wo sie registriert und auf die Baracken aufgeteilt wurden. Die anderen wurden in die Gaskammern geschickt. Sie wurden unter dem Vorwand einer harmlosen Dusche vergast, ihre Körper verbrannt und die Asche in einem nahegelegenen Sumpf verstreut. Die Nationalsozialisten beuteten nicht nur die Arbeitskraft derer aus, die sie nicht nicht sofort töteten, sie plünderten auch die Habseligkeiten, die die Jüdinnen und Juden mit sich brachten. Sogar Goldfüllungen wurden von dem sogenannten Sonderkommando, bestehend aus Gefangenen, aus den Mündern der Toten entfernt. Das persönliche Eigentum der Neuankömmlinge wurde von einem Gefangenen-Kommando sortiert und gelagert, dieses Kommando wurde von den Gefangenen als „Kanada“ bezeichnet, da hier bisweilen die Gelegenheit bestand, an Dinge oder Nahrungsmittel zu gelangen, die in der Regel für die Häftlinge unerreichbar waren. Die Fotos im Album zeigen den gesamten Ablauf – von der Ankunft der Häftlinge bis zu den letzten Augenblicken vor ihrer Ermordung – bis auf das Töten selbst.

Der Zweck des Albums ist unklar. Es war nicht für Propagandazwecke vorgesehen, noch hat es irgendeinen erkennbaren persönlichen Verwendungszweck. Es wird vermutet, dass es zu offiziellen Zwecken für eine höhere Behörde angelegt wurde, wie es bei Fotoalben aus anderen Konzentrationslagern der Fall war.

Lilly Jacob hat das Album nie verborgen, und es wurde vielfach von seiner Existenz berichtet. In den 60er Jahren wurde sie sogar dazu aufgerufen, das Album als Beweismaterial bei den Auschwitz-Prozessen in Frankfurt zu präsentieren. Sie bewahrte es über die Jahre hin auf, bis sie das Album 1980 Yad Vashem anzuvertraute.

1994 wurde das Album in Yad Vashems Konservierungslabor restauriert, und Angaben über jedes einzelne Foto wurden in die computerisierte Datenbank des Archivs eingegeben. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Archivs gelang es, die Bilder mit Luftaufnahmen, die die US-Luftwaffe bei mehreren Gelegenheiten 1944-45 angefertigt hatte, zu vergleichen und sie ihnen zuzuordnen. 1999 wurde das Album mit den hochwertigsten digitalen Geräten gescannt.

Das Album umfasst 56 Seiten und 193 Fotos. Einige der Originalaufnahmen, wahrscheinlich jene, die Lilly Überlebenden gab, die Verwandte auf den Fotos identifiziert hatten, fehlen. Eines dieser Bilder wurde Yad Vashem vor kurzer Zeit als Geschenk überlassen.

Arbeitsvorschläge für Lerngruppen

Die Fotografien des Auschwitz Albums sind von großer Bedeutung als Beweisstücke für die NS-Verbrechen, als Informationsquelle und als letzte Spuren von Familien. Sie sind jedoch nur ein Ausschnitt aus der Täterperspektive dessen, was Auschwitz war und für die dort Inhaftierten bedeutete. Im Klassenverband empfiehlt es sich, die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Perspektiven mit den Schülerinnen und Schülern zu bearbeiten.

  1. Die Perspektive der Fotografen
    1. Wer hat die Aufnahmen des Auschwitz Albums gemacht? Was könnten die Gründe dafür gewesen sein?
    2. Was hat der Fotograf fotografiert und was hat er ausgelassen?
    3. Was kann aus den Fotos über den Holocaust gelernt werden?
       
  2. Die Realität der abgebildeten Personen
    1. Warum wurde das Album zu einem Familienfotoalbum für Lilly Jacob?
    2. Was passierte mit Lillys Familie? Ist das den Fotos zu entnehmen?

Von der Deportation bis zur Vernichtung in Auschwitz-Birkenau

  1. Auf dem Weg nach Auschwitz-Birkenau
  2. Ankunft
  3. Der Selektionsprozess
  4. Verwandlung in einen Häftling
  5. Kanada Kommando
  6. Der letzte Weg: Zu den Gaskammern
  7. Lilly Jacob

Um den Täter-Fotografien die Perspektive von Überlebenden des Holocaust entgegen zu setzen, werden diese im Folgenden mit Zeugenaussagen und anderen schriftlichen Dokumenten von Opfern verbunden. Diese Dokumente sind Auszüge aus dem pädagogischen Begleitheft zum Auschwitz Album: The Auschwitz Album. A Curriculum for High Schools, Yad Vashem, Jerusalem 2009.

(Die Zeitzeugenberichte (Yad Vashem Archives) wurden von Lisa Schulz und Jenny Hestermann ins Deutsche übersetzt. Texte, die in deutscher Sprache vorliegen, wurden aus den angegebenen publizierten Quellen zitiert.)

Auf dem Weg
Ankunft
Der Selektionsprozess
Verwandlung in einen Häftling
Kanada Kommando
Zu den Gaskammern
Lilly Jacob
  • 1.Walter Zwi Bacherach (Hg.): Dies sind meine letzten Worte... Briefe aus der Shoah, Yad Vashem Jerusalem und Wallstein Göttingen, 2006, S. 98. 
  • 2.United States Holocaust Memorial Museum, Interview with Cecilie Klein-Pollack, 7.5.1990, RG-50.030*0107.
  • 3.Livia Lieberman, Yad Vashem Archives, M49 E/80.
  • 4.Eliasz Skoszylas, Vad Vashem Archives, M49E/227. 
  • 5.Imre Kertesz: Roman eines Schicksallosen, Berlin 1997, S.87.
  • 6.Primo Levi: Ist das ein Mensch? München 2006, S. 16–18.
  • 7.United States Holocaust Memorial Museum, Interview with Cecilie Klein-Pollack, May 7, 1990, RG-50.030 0107.
  • 8.Helena Cytron, Yad Vashem Archives, O3/6766, VT 185.
  • 9.Batya Druckmacher, Yad Vashem Archives, MIE/555.
  • 10.Feige Sauberman, Yad Vashem Archives, M49E/2518.
  • 11.Imre Kertesz: Roman eines Schicksallosen, Berlin 1997, S.88f.
  • 12.Wenn die Züge ankamen, wurden die Menschen aufgefordert, ihre Habseligkeiten auf der Rampe zu lassen. Das „Kanadakommando“ bestand aus Zwangsarbeitern, die diesen restlichen Besitz einsammelten, sortierten und in speziellen Lagerräumen stapelten, in einem Teil des Lagers, der „Kanada“ genannt wurde (in Anspielung an das mit Wohlstand verbundene Land). Aus dem Kanada-Lager wurden die Wertsachen nach Deutschland verschifft, um das Dritte Reich zu bereichern. Diese Zwangsarbeitseinheit wurde im Sommer 1942 in Auschwitz I zusammengestellt. Im Januar 1943 wurden die Männer des „Kanadakommandos“ nach Birkenau verlegt. Die Einheit wurde wegen der stetig steigenden Anzahl an Transporten ins Lager erweitert. An seinem Höchststand bestand das „Kanadakommando“ aus ungefähr 1000 Männern und Frauen.
  • 13.Tadeusz Borowski: Bitte, die Herrschaften zum Gas, in: ders.: Bei uns in Auschwitz. Erzählungen (Frankfurt/Main: Schöffling 2006), S. 200
  • 14.United States Holocaust Memorial Museum, Interview with Cecilie Klein-Pollack. 7.5.1990, RG-50.030*0107.
  • 15.Livia Lieberman, Yad Vashem Archives, M4 9E/80.
  • 16.Batya Druckmacher, Yad Vashem Archives, MIE/555.
  • 17.Regina Widawska, Yad Vashem Archives, M49E/4123.
  • 18.Eliasz Skoszylas, Yad Vashem Archives, M49E/227.
  • 19.Olga Elbogen, Yad Vashem Archives, O3/10335.
  • 20.United States Holocaust Memorial Museum, Interview with Cecilie Klein-Pollack, 7.5.1990, RG-50.030*0107.
  • 21.Helena Cytron, Yad Vashem Archives, O3/6766, VT185.
  • 22.Primo Levi: Ist das ein Mensch? München 2006, S. 29.
  • 23.Ibid, S. 41.
  • 25.Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (Economic-Administrative Main Office), central administration for SS economic activities. Located in Berlin, the WVHA was established in February 1942. It included the SS's office of concentration camp inspectors. The reason the concentration camps were incorporated into the WVHA was that, as of 1942, concentration camp prisoners were expected to play a larger role in the manufacture of armaments. The WVHA negotiated contracts with industrial companies regarding the use of concentration camp prisoners in their factories; the number of prisoners to be employed; the type of work they would do; the food and lodging they would receive; and the amount of money the firms would make per prisoner per day. At first, because the WVHA's main goal was to expand the SS's contribution to the war effort, prisoners working for them were given better conditions than usual. However, this improvement was short-lived. The WVHA then sought to increase the amount of work done by the prisoners without increasing the amount of food provided or creating reasonable sanitary living conditions for the prisoners. As a result, they had to turn to brutality to make the prisoners work, and of course, replacement workers were always readily available. Prisoners working for the WVHA were terribly exploited and abused.
  • 26.Martin Broszat: Kommandant in Auschwitz. Autobiographische Aufzeichnungen von Rudolf Höß (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte, Bd. 5), Stuttgart 1958, S.163f.
  • 27.Feiser Silberman, Yad Vashem Archives M49E/2948.
  • 28.Haya Pomeranz, Yad Vashem Archives, MIE/1385, MIE/1339.
  • 30.„Shoah” ist ein anderes Wort für Holocaust. Shoah kommt aus dem Hebräischen und heißt „Katastrophe”. Generell meint man mit Shoah die ideologisch vorbereitete und industriell durchgeführte Vernichtung von sechs Millionen Juden und Jüdinnen während der Zeit des Nationalsozialismus.