Die Unterrichtseinheit „Gerechte unter den Völkern“ wurde ermöglicht durch die großzügige Unterstützung der Alfred Freiherr von Oppenheim Stiftung zur Förderung der Wissenschaften.
Ein Workshop mit historischen Materialien für Schüler ab ca. 15 Jahren.
Dauer: mindestens 90 Minuten; es wird empfohlen, die Bearbeitungszeit zu erhöhen.
Die Minutenangaben beziehen sich auf die Mindestdauer von 90 Minuten.
Entwicklung: Noa Mkayton, Deborah Hartmann, Anna Stocker
Recherche: Deborah Hartmann, Sandra Rokahr, Tabea Adler, Karen Bähr, Mirjam Beddig, Johannes Kuber
Wir danken Tswi Herschel für die freundliche Genehmigung, Dokumente aus seinem Privatbesitz zu verwenden.
- Pädagogische Zielsetzung
- Stundenablauf
- Workshopmaterialien zum Download
- Anhang
Die Erstellung der vorliegenden Unterrichtsmaterialien wurde durch die großzügige Unterstützung der Alfred Freiherr von Oppenheim Stiftung ermöglicht. Zwischen dieser Stiftung und dem Thema des geförderten Projekts besteht ein unmittelbarer, historischer Zusammenhang:
Baron Friedrich Carl von Oppenheim war, obwohl Nachkomme der jüdischen Bankiersdynastie von Salomon Oppenheim und damit nach NS-Ideologie sogenannter „Vierteljude“, während des Zweiten Weltkriegs in der Spionage-Abwehr-Abteilung der Deutschen Wehrmacht eingesetzt.
it dieser Position waren Reisemöglichkeiten ins Ausland und das Recht auf Sonderpässe verbunden. Friedrich Carl von Oppenheim nutzte seine Privilegien, um den jüdischen Familien Lissauer und Grießman, mit denen er in engen geschäftlichen Verbindungen stand, zur Flucht nach Holland und von dort später über Portugal nach Südamerika zu verhelfen. Nach dieser gelungenen Rettungsaktion setzte sich Oppenheim weiter für Juden in seinem geschäftlichen Umfeld ein, wodurch er immer mehr unter den Verdacht der Gestapo geriet. Zur Verhaftung von Oppenheim kam es schließlich in Folge des gescheiterten Attentats auf Hitler im Juli 1944. Er wurde ins Gefängnis eingewiesen und sollte unter der Anklage des Verrats vor Gericht gestellt werden.
Glücklicherweise zog sich die Untersuchung bis zum Ende des Krieges hin, so dass Oppenheim im Gefängnis überleben konnte, bis er von den Amerikanern befreit wurde.
Baron Friedrich Carl von Oppenheim wurde von Yad Vashem im Jahr 1996 als „Gerechter unter den Völkern“ anerkannt.
In den folgenden Unterrichtsmaterialien wird der Versuch unternommen, das Thema von Hilfe und Rettung während der NS-Gewaltherrschaft für Lernende ab der 9. Jahrgangsstufe zugänglich zu machen.
Pädagogisch wird dabei auf die folgenden Aspekte Wert gelegt:
Die Lernenden sollen die historische Einsicht gewinnen, dass trotz Diktatur und Gleichschaltung für die Zugehörigen der sogenannten „Volksgemeinschaft“ gewisse Handlungsoptionen bestanden, und dass es Personen aus verschiedensten sozialen und ökonomischen Milieus gab, die diese Optionen zugunsten verfolgter Juden wahrnahmen. Dabei wurde immer auch – in unterschiedlichem Ausmaß – ein Risiko für die eigene Sicherheit eingegangen.
Die in fünf Dokumentenmappen aufbereiteten Geschichten erzählen von Menschen, die allesamt von der Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt wurden. Ihr couragiertes Handeln soll nicht dazu verleiten, das Bild erhabener und moralisch weit über der durchschnittlichen Bevölkerung stehender „Helden“ zu zeichnen – diese Art des Umgangs würde bei den Lernenden möglicherweise das Gefühl moralischer Unterlegenheit bzw. Distanz hervorrufen. Gezeigt werden soll vielmehr, dass es sich bei den „Gerechten“ um Menschen handelte, die in den allermeisten Fällen aus dem Umfeld der sogenannten „Volksgemeinschaft“ stammen – sie dienten in der Wehrmacht, waren Kanalisationsarbeiter, Zirkusmitarbeiter oder einfache Bürger, ohne zu den unmittelbar verfolgten Minderheiten zu gehören. Im Unterschied zur breiten Mehrheit interpretierten sie jedoch den Rahmen ihres Handelns anders und erkannten Handlungsoptionen, wo die Mehrheit der Bevölkerung mit Hinweis auf die Schwierigkeiten eines Lebens unter Krieg und Diktatur zum Ergebnis kam, „nichts machen zu können“.
Das Studium der einzelnen Geschichten legt im Detail oft frei, wie der ungeheure Mut, den die „Gerechten“ an den Tag legten, sich täglich neu in Handlungen und Entscheidungen und in der Bewältigung eines meist hochkomplizierten Alltags zu bewähren hatte. Damit „zerfällt“ im Grunde die eine, große, und lebensverändernde Entscheidung, Juden zu helfen, in unzählige kleinere Entscheidungen, die dazu führen, das Rettungswerk fortzusetzen oder, was ebenfalls zur dokumentierten Wirklichkeit der Shoah gehört, eben abzubrechen und die Gefährdeten wieder ihrem Schicksal zu überlassen.
Diese Grundlinien in der Betrachtung der „Gerechten unter den Völkern“ sollten zum Verständnis beitragen, dass Geschichte – im Gegensatz zu deterministischen Geschichtsauffassungen – durch ein Geflecht unterschiedlichster menschlicher Handlungen, Unterlassungen und Entscheidungen entsteht. Darüber hinaus wird hier auch die Relevanz historischen Lernens für die Gegenwart der Lernenden klar sichtbar. Die Geschichten in dieser Unterrichtseinheit führen vor Augen, wie das Handeln einzelner Menschen den Verlauf von Geschichte beeinflussen kann. Diese Botschaft findet sich in komprimiertester Form auch auf der Medaille, die die „Gerechten unter den Völkern“ bei der Auszeichnung erhalten. Auf ihr ist der folgende Satz eingraviert: „Wer ein einziges Leben rettet, rettet eine ganze Welt.“
Methodisch wird bei dieser Unterrichtseinheit auf ein vorgefertigtes Narrativ der einzelnen Geschichten verzichtet. Geschichte setzt sich aus Geschichten zusammen, und jede einzelne Geschichte besteht aus einer Vielfalt unterschiedlicher Perspektiven. Je nachdem, wer eine Geschichte erzählt, werden dabei ganz unterschiedliche Aspekte und Perspektiven vorherrschen. Daher wird den Lernenden pro Geschichte ein Set authentischer Dokumente, Texte und Bilder angeboten, anhand derer in arbeitsteiliger Gruppenarbeit eine kohärente Geschichte erzählt werden soll.
Jeder Geschichte werden über die einzelnen Dokumente hinaus auch in beschränktem Ausmaß Hintergrundinformationen beigegeben, denn nur durch die Kenntnis des historischen Kontextes kann ermessen werden, über welche Handlungsoptionen eine Einzelperson tatsächlich verfügte und wie innerhalb dieses Kontextes das Handeln und Entscheiden eines Menschen zu beurteilen ist.
Zusammenfassende Informationen zu den fünf Geschichten können unter den folgenden Links abgerufen werden:
- Adolf und Maria Althoff (Deutschland)
- Mustafa und Zejneba Hardaga, Izet und Bachriya Hardaga, Ahmed Sadik (Bosnien)
- Margje de Jongh mit fünf Kindern und Hendrikje Schwencke (Holland)
- Anton Schmid (Österreich/Litauen)
- Leopold und Magdalena Socha, Stefan Wróblewski und Ehefrau N.? Wróblewski (Polen)
- Vgl. Fraenkel, Daniel; Borut, Jakob (Hg.), Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher. Göttingen 2005, S. 212-214.
1. Impuls zum Einstieg (ca. 15 Min.):
Methode: Unterrichtsgespräch
Auf den beiliegenden PDF-Dateien werden vier historische Fotografien zur Diskussion gestellt. Diese Fotografien stehen in Zusammenhang mit jenen Schlüsselereignissen der Verfolgung und Vernichtung der Juden während der Shoah, in denen die Zivilgesellschaft und die Opfergesellschaft in unmittelbarer Berührung zueinander standen.
- Boykott jüdischer Geschäfte (Heilbronn, 1. April 1933)
Auf diesem Bild ist das Heilbronner Textilgeschäft L. Hertz am Tag des öffentlichen Boykotts jüdischer Betriebe, dem 1.April 1933 zu sehen. Vor dem Geschäft halten zwei Uniformierte ein Spruchband mit der weit verbreiteten Parole „Die Juden sind unser Unglück“ hoch. Das Türgitter des Ladens wurde von dem Ladeninhaber offensichtlich nur halb hochgezogen, was die vielfach bezeugte Unsicherheit jüdischer Geschäftsleute zeigt, wie mit diesem Boykottaufruf als Betroffener umzugehen sei. Die Passanten zeigen vielfältige Reaktionen: Eine Frau tritt in dem Moment, in dem der Auslöser gedrückt wird, aus dem Laden ins Freie, scheint also den Boykottaufruf missachtet zu haben, eine Mutter versucht, ihr Kind weiter zu ziehen, andere Passanten bleiben stehen bzw. nehmen Blickkontakt mit dem Fotografen auf.
Der Boykott wurde von der deutschen Zivilgesellschaft unterschiedlich aufgenommen: Viele waren skeptisch gegenüber solchen Aktionen und verweigerten ihre Unterstützung, oft einfach deshalb, weil sie sich von dem gerade zwei Monate an der Macht stehenden Regime nicht ihre Einkaufsgewohnheiten vorschreiben lassen wollten. Auch wenn der Boykott daher aus Sicht des Regimes nicht als voller Erfolg zu verbuchen war, markiert er den ersten offiziell organisierten antisemitischen Angriff auf die Juden im Dritten Reich, der für die Deutschen eine frühe Probe persönlicher Zivilcourage bedeutete: Jeder Einzelne – ob jüdisch oder nicht – war vor die Notwendigkeit einer persönlichen Entscheidung gestellt.
Lesetipp:
Longerich, Peter, Davon haben wir nichts gewusst. München 2006, S. 55-66
- Öffentliche Demütigung von Juden in Wien („Reibpartie“) (Wien, 1938)
Das Foto zeigt eine für die ersten Wochen nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich typische Demütigungsaktion gegen die Wiener Juden. Angehörige der Hitlerjugend zwingen jüdische Bürger, mit Handbürsten auf den Knien liegend das Straßenpflaster zu schrubben. Diese Misshandlungen wurden im Jargon der Nazis „Reibpartie“ genannt. Die auf dem Boden knienden Juden werden von drei auf dem Bild sichtbaren Jugendlichen beaufsichtigt und von einer Menge Schaulustiger umringt. Der Andrang der Neugierigen ist offensichtlich so stark, dass sie von weiteren Kindern und Jugendlichen mit voller Kraft durch einen Menschenkordon zurückgedrängt werden müssen.
Umfangreiche antisemitische Aktionen und öffentliche Demütigungen von Juden begleiteten bereits die ersten Tage nach dem 13. März 1938 („Anschluss“ Österreichs). Die bereits mehr als fünf Jahre praktizierte antijüdische Politik Deutschlands wurde in Österreich binnen weniger Monate übernommen.
Asher Ben-Natan, der 1921 in Wien geboren wurde, erinnert sich an die Misshandlungen jüdischer Bürger mit den Worten: „(...) [E]s kam zu nicht enden wollenden Schikanen gegen Juden auf der Straße und in den Straßenbahnen. Man zwang Juden, Trottoirs mit der Zahnbürste zu reinigen. Österreicher blieben stehen, junge und alte Menschen, schauten zu, gaben übelste Kommentare ab und ließen ihrer Schadenfreude freien Lauf, dass es den Juden nun endlich mal gezeigt würde. (...)“
Aus: Urban, Susanne; Mkayton, Noa (Hgg.): „Doch die Geschichte endete anders...“. Arbeitsmaterialien zum Novemberprogrom 1938, Yad Vashem/Jerusalem 2005, S. 95
- Deportationen (Regensburg, 1938)
Das Foto zeigt jüdische Männer in Regensburg, die nach der Nacht des Novemberpogroms, am Morgen des 10. Novembers 1938, in einem demütigenden Fußmarsch von Angehörigen der SA und SS durch die Innenstadt Regenburgs getrieben und anschließend in das Konzentrationslager Dachau verschleppt wurden. Ein 16jähriger Junge, Paul Oettinger, wurde gezwungen, das Schild vom „Auszug der Juden“ zu tragen. Zahlreiche Regensburger haben sich auf dem Gehweg eingefunden, um dem Ereignis beizuwohnen, andere Anwohner sehen sich den Deportationszug aus dem Fenster ihrer Wohnungen an.
Die meisten der inhaftierten Opfer dieses Pogroms wurden nach einigen Monaten zunächst wieder freigelassen, mit der Auflage verbunden, über ihre Erlebnisse im Lager mit niemandem zu sprechen. Systematische Deportationen der deutschen Juden begannen erst im Herbst 1941.
Lesetipp:
Bierwirth, Waltraud; Himmelstein, Klaus: Das Novemberpogrom und der lange Weg zu einer neuen Synagoge. Regensburg 2013.
- Todesmarsch (Hieflau, 1945) Dieses Foto zeigt ungarische Juden, die sich auf einem Todesmarsch durch das steirische Dorf Hieflau in Österreich schleppen. Eskortiert werden sie von Personen, die nicht uniformiert sind und wahrscheinlich dem sogenannten Volkssturm angehören. Die Aufnahme dieser mehrere hundert Personen umfassenden Marschkolonne wurde heimlich aus der Dachluke eines Hauses gemacht.
76.209 ungarische Juden wurden dem Deutschen Reich Ende 1944 als Zwangsarbeiter zur Verfügung gestellt. Anfang 1945 wurden sie in den Gau Steiermark (Österreich) verlegt. Die Häftlinge wurden gezwungen, bei gefrorenem Boden Panzergräben auszuheben. Schlafen mussten sie auf nacktem Fussboden in ungeheizten Räumen, ihre Verpflegung bestand aus Hungerrationen, und nachdem das Wasser in den Brunnen einfror, brachen damit auch die niedrigsten Standards hygienischer Grundversorgung zusammen.
Diese Häftlinge wurden im März 1945 auf verschiedenen Gewaltmärschen ins Reichsinnere getrieben. Der dazu von Heinrich Himmler erteilte Befehl forderte die entsprechenden Gauleiter dazu auf, eine „ordentliche“ Evakuierung per Bahn, LKW oder Schiff unter möglichster Schonung des Lebens der Häftlinge zu organisieren. Darüber hinaus galt jedoch der generelle Befehl, dass kein Häftling lebend in die Hände des Feindes fallen dürfe. Daher erhielten die begleitenden Wachmannschaften von ihren unmittelbaren Vorgesetzten oft den Befehl, Nachzügler oder Flüchtlinge zu erschießen. Die Transportbegleiter waren in der Regel Mitglieder von SS und Gestapo sowie Angehörige des sogenannten Volkssturms, der Polizei oder Gendarmerie, wobei letztere jeweils von Bezirk zu Bezirk ausgewechselt wurden. Es kann nachgewiesen werden, dass einige von ihnen den Schießbefehl ihrer Vorgesetzten ohne für sie nachteilige Folgen missachteten, während andere die Marschteilnehmer aufs Brutalste misshandelten und erschossen.
Die Teilnehmer des Todesmarsches erhielten weder ausreichende Rastpausen noch Verpflegung. Viele waren, bei zentimeterdickem Neuschnee, barfuß unterwegs.
Von den mehreren tausend ursprünglich Evakuierten erreichten etwa 250 Personen das Dorf Hieflau, das auf dem Foto zu sehen ist. Unterwegs waren diejenigen, die vor Erschöpfung zusammengebrochen waren, erschossen worden, und zahlreiche Juden fielen wilden Massakern zum Opfer.
Vgl. hierzu: Lappin, Eleonore: Der Todesmarsch ungarischer Juden von Ungarn nach Mauthausen im zeitgeschichtlichen Kontext (Zugriff 8.12.2013)
Im eröffnenden Unterrichtsgespräch werden die Fotografien als Impuls für eine pädagogische Auseinandersetzung mit dem Thema benutzt, nicht als Basis für eine historische Betrachtung. Jedes Bild wird unter den beiden folgenden Leitfragen für einige Minuten betrachtet und diskutiert:
- Welche Reaktions- und Handlungsformen lassen sich erkennen?
- Welche alternativen Reaktions- und Handlungsformen sind nicht zu sehen?
Die Diskussion sollte dabei nicht zu der rein spekulativen Frage „was-wäre-passiert-wenn“ führen, sondern dafür sensibilisieren, dass die auf historischen Fotografien abgebildeten Personen bis zu einem gewissen Grad in bestimmten Handlungs- und Verhaltensweisen zu sehen sind, ohne dass damit allerdings in allen Fällen klar über deren innere Einstellung Rückschlüsse gezogen werden kann. Daher sollten auch bei der Besprechung der zweiten Leitfrage die Abgebildeten nicht in moralische Beurteilungsschemata gepresst werden. Vielmehr dient diese Frage der Erzeugung einer Offenheit für mögliche Alternativen. Notwendigerweise hat retrospektive Geschichtsbetrachtung oft den pädagogisch problematischen Nebeneffekt, dass Geschichte als vorbestimmt und in sich abgeschlossen wahrgenommen wird. Durch die Betrachtung der Fotos soll die mentale Bereitschaft der Lernenden geweckt werden, mögliche (auch unwahrscheinliche) Situationsverläufe durchzuspielen und dabei immer wieder auf die grundlegende Erkenntnis zu stoßen, dass historische Abläufe durch das Verhalten der an ihnen beteiligten Menschen entscheidende Wendungen erfahren können.
Es bleibt dabei der Entscheidung der Lehrenden überlassen, historische Zusammenhänge über den potentiellen Wissensstand der damaligen Zivilbevölkerung und detailliertere Angaben über die Risiken widerständigen Handelns mit in die Diskussion einfließen zu lassen. Dafür mögen die im Anhang befindlichen Literaturhinweise dienlich sein.
2. Kurzinformationen zu Yad Vashem und dem Programm „Gerechte unter den Völkern“ (ca. 10 Min.)
Methode: Vortrag der Lehrperson (PDF-Datei)
In einem knappen Vortrag sollen die Lernenden Informationen über Yad Vashem und das Programm „Gerechte unter den Völkern“ erhalten. Als visuelle Stütze kann hier die beiliegende PDF-Datei verwendet werden.
Alternativ können die Lernenden im Vorfeld des Workshops dazu aufgefordert werden, diese Basisinformationen selbstständig zusammenzutragen. Dafür ist der folgende Link zur deutschsprachigen Webseite von Yad Vashem zu verwenden
3. Gruppenarbeit (ca. 30 Min.)
Methode: Die Lernenden arbeiten selbstständig in Kleingruppen, die Lehrperson steht als Ansprechpartner jederzeit zur Verfügung.
Zur Vorbereitung der Gruppenarbeit müssen die in den fünf Dokumentenmappen enthaltenen Dokumente ausgedruckt und im Idealfall laminiert werden. Darüber hinaus wird Klebematerial benötigt, mit dem die (laminierten) Karten an der Wand zu befestigen sind.
In der folgenden Arbeitsphase teilen sich die Lernenden in fünf Arbeitsgruppen auf.
Die Entscheidung, welcher Arbeitsgruppe man sich zuordnet, kann mithilfe der Startkarten getroffen werden. Diese werden zu Beginn der Gruppenarbeitsphase auf dem Fußboden ausgelegt. Die Lernenden gehen im Raum umher und lesen die fünf Startkarten. Sie stellen sich schließlich zu derjenigen Karte, die am ehesten ihr Interesse weckt, und beginnen in der so entstehenden Arbeitsgruppe, erste allgemeine Fragen auszutauschen.
Im folgenden werden die Dokumente „Geschichtskarten“ sowie „Kontextkarten“ ausgeteilt. Die Lernenden erhalten die folgenden Aufgaben:
- Rekonstruiere die Geschichte, indem du
- a. die Geschichtskarten soweit möglich in eine chronologische Ordnung bringst.
- b. einen Zusammenhang zwischen den Geschichtskarten herstellst.
- Verwende die Kontextkarten, um die Geschichte in einen allgemeinen geschichtlichen Zusammenhang zu stellen.
- Ordne sämtliche Karten übersichtlich auf einer Wandfläche an. Ergänze ggf. die entstandene Ausstellung mit zusätzlichen Informationen, die du selbst besorgst.
Methodisch ausschlaggebend ist hier, dass die Lernenden arbeitsteilig jeweils nur einen Teil der Dokumente lesen und daraufhin im Gruppengespräch das Gelesene mit den weiteren Gruppenmitgliedern kommunizieren. Informationen müssen ausgetauscht, Fragen und Unklarheiten diskutiert und das auf diese Weise Besprochene zu einer kohärenten Erzählung zusammengesetzt werden.
4. Vortrag der Geschichten im Plenum (25 Min.)
Methode: Lernende führen Lernende
Im Verlauf der Gruppenarbeit sind nun fünf Wandausstellungen entstanden. Für jede Ausstellung existiert eine Expertengruppe von Lernenden, die sich mit einer spezifischen Geschichte auseinandergesetzt haben.
In selbst gewählter Reihenfolge treten die einzelnen Mitglieder einer Expertengruppe nun vor ihre Wandausstellung und stellen die bearbeitete Geschichte im Plenum vor. Dabei ist narrative Kompetenz ebenso gefordert wie bewusster Umgang mit der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit.
Die Zuhörenden werden aufgefordert, die Vortragenden nicht zu unterbrechen, sondern auftretende Fragen für sich zu notieren.
5. Interviews (10 Min.)
Methode: Schülerinterviews
Im Anschluss an die fünf Führungen führen die Lernenden Einzelinterviews durch. Dabei wird wie folgt vorgegangen: Die Hälfte einer Arbeitsgruppe verbleibt als Expertengruppe neben der eigenen Wandausstellung, die restlichen Lernenden führen Interviews. Sie können diejenige Wandausstellung aufsuchen, zu der sie sich Fragen notiert haben und diese den dort bereitstehenden Experten stellen. Darüber hinaus können von der Lehrperson allgemeine Fragen, die während der Schülervorträge anklingen, stumm und kommentarlos auf der Tafel notiert werden – auch diese Fragen können während der Interviews von den Lernenden gestellt werden.
Mögliche Fragen könnten die folgenden Themen berühren:
- In welchem Dilemma befanden sich Retter bzw. Verfolgte?
- Welche Alternativen hätten Retter bzw. Verfolgte gehabt?
- Was war die Motivation der Retter zu helfen?
- Welches Risiko gingen die Retter ein?
- ...
Nach fünf Minuten wechseln sich die beiden Gruppen ab.
6. Plenum (10 Min.)
Methode: Moderiertes Unterrichtsgespräch
Abschließend finden die Lernenden wieder im Plenum ein und tragen in einem moderierten Unterrichtsgespräch zusammen, welche Inhalte bzw. Einsichten für sie neu waren, was sie persönlich bewegt hat, was sie nicht verstanden haben und was sie gerne noch herausfinden würden.
- Adolf und Maria Althoff (Deutschland):
- Mustafa und Zejneba Hardaga, Izet und Bachriya Hardaga, Ahmed Sadik (Bosnien):
- Margje de Jongh mit fünf Kindern und Hendrikje Schwencke (Holland):
- Anton Schmid (Österreich/Litauen):
- Leopold und Magdalena Socha, Stefan Wróblewski und Ehefrau N.? Wróblewski (Polen):
Literaturhinweise:
- Frank Bajohr und Dieter Pohl. Der Holocaust als offenes Geheimnis. Die Deutschen. Die NS-Führung und die Alliierten. München: C. H. Beck, 2006
- Michael Wildt, Volksgemeinschaft als Selbstermächtigung: Gewalt gegen Juden in der deutschen Provinz 1919 bis 1939. Hamburg: Hamburger Edition, 2007.
- Peter Longerich, „Davon haben wir nichts gewusst!“ Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933-1945. München: Siedler, 2006.
- Bernward Dörner, Die Deutschen und der Holocaust. Was niemand wissen wollte, aber jeder wissen konnte. Berlin: Propyläen bei Ullstein, 2007.
- Fraenkel, Daniel; Borut, Jakob (Hgg.), Lexikon der Gerechten unter den Völkern. Deutsche und Österreicher. Göttingen: Wallstein Verlag, 2005.
Anmerkungen:
In sämtlichen Texten dieser Unterrichtseinheit sind die weiblichen Formen prinzipiell den männlichen gleichgestellt. Aus Gründen der Vereinfachung wird auf die weibliche Form verzichtet. Wenn biespielsweise von „Juden“ die Rede ist, sind damit gleichbedeutend sowohl Jüdinnen als auch Juden gemeint.
Sämtliche Texte und Dokumente wurden einheitlich den gegenwärtigen Regeln der deutschen Rechtschreibung angepasst.