Sonntag bis Donnerstag: 9.00-17.00 Uhr Freitags und an den Abenden vor einem Feiertag: 9.00-14.00 Uhr
Yad Vashem ist an Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen.
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Natali Herschel wurde in Israel als Tochter des Holocaustüberlebenden Tswi Herschel geboren. Im folgenden Artikel beschreibt sie die Auswirkungen der Geschichte ihres Vaters auf ihr Leben und das ihrer Familie. Ihr Vater, Tswi Herschel kam am 29. Dezember 1942 in Zwolle in den Niederlanden zur Welt. Im Januar 1943 musste die Familie ins Amsterdamer Ghetto ziehen. Im April 1943 konnte Tswi Herschel aus dem Ghetto geschmuggelt und bei einer siebenköpfigen christlichen Familie in Oosterbeek in Sicherheit gebracht werden. Im September 1944 wurde die Familie ausgebombt und musste zunächst nach Apeldoorn und später nach Spakenburg ziehen, wo sie im Mai 1945 von den Kanadiern befreit wurden. Tswi Herschels Eltern wurden in Sobibor ermordet, nur seine Großmutter väterlicherseits überlebte. 1986 wanderte Tswi Herschel nach Israel ein.
Von Natali Herschel
Obwohl ich damals noch zu jung war, um die Bedeutung der Shoah und deren Auswirkungen auf die Überlebenden und die nachfolgenden Generationen zu verstehen, wurde ich mit ihren Konsequenzen zum ersten Mal konfrontiert, als ich vier Jahre alt war.
Ich wuchs in Amsterdam auf, wo ich einen nicht-jüdischen Kindergarten besuchte. Damals fiel mir auf, dass meine Familie, im Vergleich zu den Familien meiner Freunde unvollständig war. Jeden Tag beobachtete ich aufmerksam, wie die anderen Kinder von ihren Großeltern abgeholt wurden. Ich sah die Freude in ihren Augen, wenn ihre Großeltern sie umarmten, küssten und sich freuten, ihre Enkelkinder zu sehen. So führte mir jeder Tag schlagartig die Wirklichkeit vor Augen, nämlich die Tatsache, dass in meinem Leben etwas Wesentliches fehlte. Ich beneidete meine Freunde um diese besonderen Augenblicke, die sie mit ihren Großeltern teilten – Augenblicke, die auch ich so gerne erlebt hätte.
Ich war verwirrt. Fragen, auf die ich keine Antworten hatte, gingen mir durch den Kopf. Warum holten mich meine Großeltern nicht ab? Warum konnte nicht auch ich die Wärme und das Glück von Großeltern spüren?
Ich begriff, dass Kinder Großeltern haben – ein Konzept, das ich grundsätzlich verstand, mit dem ich selbst aber nicht vertraut war. In meiner Realität hatte ich meine Großeltern nie getroffen. Ich fühlte mich leer und anders.
Im Alter von vier Jahren ging ich zu meinem Vater und erzählte ihm, was mich bedrückte. Ich war ein neugieriges Kind und wollte wissen, wo meine Großeltern seien und warum sie mich niemals vom Kindergarten abholten.
Von diesem Augenblick an – ob ich wollte oder nicht – begann die Last der Nachwirkungen der Shoah eine wichtige Rolle in meinem Leben zu spielen. Anders als die anderen Kinder in meinem Alter, die ihr Leben in glücklicher Unschuld weiterlebten, wurde ich bereits mit den Folgen der Shoah konfrontiert. Mein Vater erklärte mir, dass seine Eltern gestorben seien. Ich verstand das Konzept „Tod“ noch nicht und wollte mehr darüber erfahren. Wie jedes andere vierjährige Kind, das immer wissen möchte „warum“, hörte ich nicht auf, Fragen zu stellen.
Ich erfuhr, dass ich keine Großeltern hatte. „Aber warum?“ antwortete ich. „Alle anderen Kinder haben Großeltern!“ – „Leute, die man Nazis nennt, haben sie getötet“, antwortete mein Vater. Es folgten weitere Fragen und ich erfuhr, dass er, ein Einzelkind, während des Zweiten Weltkrieges im Alter von sechs Monaten zum Vollwaisen wurde. Es gab keine Familie; keine Tanten, keine Onkel, keine Cousinen. KEINE FAMILIE!
Dies war die Realität meines Lebens. Jede Feier, sei es ein Geburtstag, ein jüdischer Festtag, ein Schulabschluss, eine Hochzeit oder ein Familienereignis, fand ohne Familie statt. Jeder fröhliche oder traurige Anlass wurde mit meinen Eltern und meiner Schwester begangen; mit niemandem sonst. Ich hatte nie den Luxus, mich anderen Verwandten anzuvertrauen – einer Großmutter, einer Tante oder einem Cousin. Ich hatte nur meine Eltern und meine Schwester, mit denen ich meine Höhen und Tiefen durchleben konnte.
Trotzdem lernte ich, ohne Verwandte zu leben, damit umzugehen, dass etwas fehlte, und mit den fehlenden Teilen des Puzzles zurechtzukommen. Ich glaubte, der Grund dass mein Vater seine Eltern überlebt hatte, war, die Kontinuität seiner Familie zu gewährleisten. Ich verstand, dass meine einzige Möglichkeit, um im Leben positiv zu bleiben, darin bestand, die Familie, die ich hatte, wertzuschätzen.
Die Auswirkungen der Vergangenheit konnten nicht einfach verschwinden. Still trug ich weiterhin das Gefühl der Abwesenheit von Familie in mir. Bei bestimmten Gelegenheiten, wenn es beispielsweise etwas im Familienkreis zu feiern gab, kam die Trauer über den Verlust von Familienangehörigen wieder hervor.
Als ich Mutter wurde, verstand ich, warum die meisten Shoah-Überlebenden ihre Trauer nicht mit ihren Kindern teilen oder über ihre persönlichen Erfahrungen während dieser entsetzlichen Zeit sprechen wollten. Sie bemühten sich ihre Kinder vor dem Schmerz zu bewahren, den die Shoah ihnen zugefügt hatte. Ihr hauptsächliches Anliegen war es, die Weitergabe ihres Erbes der Shoah, ihres Traumas, zu vermeiden.
Es war mir klar, warum die meisten Überlebenden davon absahen, jegliche Details über die Schrecken der Shoah mit ihren Kindern zu teilen. Es war jedoch unmöglich – auch wenn sie schwiegen und ihre Gefühle nicht offenbarten – die Tatsachen des Lebens vor ihren Kindern zu verbergen.
Meinem Vater zum Beispiel gelang es nicht, seine schwere Vergangenheit und deren Erbe für sich zu behalten, nachdem ich ihn einmal auf meine Kindergartenrealität angesprochen und nach den Großeltern gefragt hatte, die all meine Freunde hatten. Es war nicht seine Absicht, die Auswirkungen der Shoah auf seine Kinder zu übertragen, aber weil ich das Kind eines Überlebenden war, war es ihm unmöglich, zu verhindern, dass diese Auswirkungen mein Leben beeinflussen würden.
Sogar meine Kinder sind von der Shoah betroffen. Nachdem es mindestens vier Generationen benötigt, um eine typische Großfamilie zu etablieren, fehlt auch ihnen noch die Normalität einer vollständigen Familie.
Die traurige Wahrheit ist, dass der Fluch der Nachwirkungen der Shoah alle drei Generationen der Überlebenden belastet.
Die Juden, die die Shoah überlebten, wurden „die Überlebenden“ genannt. Die Nachwirkungen blieben allerdings nicht dabei. Die Schrecken der Shoah verfolgten auch ihre Kinder und wirkte sich auf ihre Kindheit aus. Unglücklicherweise hat man diese Kinder auch mit einem Label versehen, nämlich „die zweite Generation“.
Auch wenn die Welt niemals den unaussprechlichen Genozid, die Shoah, und das Leid derer vergessen darf, denen es gelungen ist, am Leben zu bleiben, so hoffte doch die zweite Generation der Überlebenden, dass die Auswirkungen der Shoah zumindest das Leben ihrer Kinder nicht beeinflussen würden.
Das war Wunschdenken. Das Erbe der Shoah hat auch bei der dritten Generationen nicht halt gemacht. Wie traurig, dass auch die Kinder der Kinder von Überlebenden ein Label aufgedrückt bekamen: „die dritte Generation“.
Übersetzung aus dem Englischen: Dr. Noa Mkayton
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