Sonntag bis Donnerstag: 9.00-17.00 Uhr Freitags und an den Abenden vor einem Feiertag: 9.00-14.00 Uhr
Yad Vashem ist an Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen.
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Das bewegte Leben des berühmten polnisch-jüdischen Arztes Janusz Korczak lieferte bereits Stoff für zahlreiche filmische Bearbeitungen. Mit Ich bin klein aber wichtig wurde von dem Regisseur Konrad Weiß und dem Autor Walther Petri 1988 einer der letzten Dokumentarfilme der ostdeutschen Filmproduktionsfirma DEFA dem Andenken an Korczak gewidmet. Der Film rekonstruiert das Leben des Ende der 1870er Jahre in Warschau geborenen Pädagogen und seine erzieherischen Vorstellungen durch die Augen jener Kinder, die die Auflösung seines Waisenhauses im Warschauer Ghetto und die Deportation in die Vernichtungslager überlebt hatten.
Kurze Zeit später wandte sich der berühmte polnische Filmemacher Andrzej Wajda in einem epischen Spielfilm der Biographie Korczaks zu. 1990, unmittelbar nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Ende der sozialistischen Geschichtspolitik in Polen entstanden, verdeutlicht Wajdas Film den Versuch, das lange verdrängte polnisch (jüdische) Erbe wieder in die polnische Geschichte einzugliedern. Trotz der eindringlichen Bilder und der überzeugenden Inszenierung von Korczaks Leben ist Wajdas Darstellung dabei aber nicht unproblematisch. Der säkulare Jude Korczak wird bei ihm zu einem christianisierten Heiligen und auf diese Weise kompatibel mit den dominanten Narrativen der polnischen Nationalgeschichte.
Kaum bekannt ist aber, dass sich bereits in den 1970er Jahren ein polnischer Regisseur dem Leben von Janusz Korczak zuwandte. Der Film des aus dem sowjetischen Exil nach Polen zurückgekehrten jüdischen Regisseurs Aleksander Ford (bei dem Wajda als Assistent tätig gewesen war) konnte allerdings zunächst nicht realisiert werden. Korczak galt in Polen nicht als Modell eines sozialistischen Helden, insbesondere weil er sich – trotz bzw. wegen seiner progressiven Ansichten in Bezug auf die Rechte von Kindern – von der utopischen Idee des Sozialismus distanziert hatte.
Ford musste, wie Mimi Ash in einem Beitrag zu diesem E-Newsletter darlegt, Polen verlassen. Die staatsoffizielle Welle eines antisemitisch untermauerten Antizionismus trieb auch loyale Parteigänger wie Ford aus dem Land. Der Film über Korczak konnte aber dennoch gedreht werden.
Ironischer Weise entstand er als westdeutsch-israelische Koproduktion unter federführender Leitung des Berliner Produzenten Artur Brauner.
Brauner selbst hatte als Jude den Holocaust überlebt und war nach der Befreiung, neben zahlreichen Blockbustern des westdeutschen Unterhaltungskinos, auch immer wieder mit Filmprojekten über die Verfolgung der Juden an die Öffentlichkeit getreten. Der zwischen dem 25. Juni und dem 13. August 1973 in Berlin und Israel gedrehte Film Sie sind frei, Dr. Korczak von Aleksander Ford erlebte seine israelische Urauführung im Oktober 1974. Am 10. April 1975 wurde er das erste Mal bei einer Sondervorführung in Bonn in der Bundesrepublik gezeigt. Nach langer Zeit ist er nun erstmals wieder öffentlich zugänglich. Der Film- und Hörspielverlag PIDAXFILM hat Fords Film als DVD in seine Reihe „Historien-Klassiker“ aufgenommen. Dort ist er seit einigen Monaten für 12,90 Euro käuflich zu erwerben. Im Rahmen des „Artur Brauner Archivs“ stellt das Deutsche Filminstitut außerdem Begleitmaterialien zu dem Film online zur Verfügung. Über das Webportal „filmportal.de“ können das Filmplakat, Aushangfotos und der Drehplan eingesehen werden.
Der Film erzählt vor allem über die letzten Monate von Korczaks Leben im Warschauer Ghetto. Dorthin war das Waisenhaus für jüdische Kinder nach seiner Auflösung verlegt worden. Es bestand im Ghetto bis zum August 1942 als die rund 200 Kinder des Waisenhauses zusammen mit ihren Betreuern und dem Leiter Janusz Korczak abgeholt und nach Treblinka deportiert wurden. Bewegend und eindringlich inszeniert der Film den stolzen Zug der Kinder zum Umschlagplatz. Obwohl er mehrfach die Möglichkeit gehabt hätte, sich zu retten (darauf spielt auch der Titel des Films an), entschied sich Korczak dazu, „seine“ Kinder in den sicheren Tod zu begleiten.
Erzählt wird der Film aus der Perspektive eines Jungen, der das Ghetto überlebte, weil es ihm gelang unterzutauchen. Zu Beginn des Films steht er an einem leeren Feld in der Nähe von Treblinka auf der Suche nach seinen Verwandten und Freunden. Keine Spuren sind hier mehr zu sehen. Die einzige Spur zum ausgelöschten Leben der hier ermordeten Menschen, so verdeutlicht der Film, liegt in der Erinnerung. Dazu trägt Sie sind frei, Dr. Korczak bei. In episodischer Weise berichtet Ford über Korczaks Bemühungen, seinen Kindern im Ghetto Schutz und Nahrung zu bieten. In poetischen Sequenzen verdeutlicht der Film dabei auch die Sehnsucht nach Freiheit und das progressive Potential von Korczaks Erziehungsmodellen. Mehrfach wird ein „Kindergericht“ eingeblendet, das Fehltritte und Ungerechtigkeiten verhandelt und einen deutlichen Kontrast zum Unrecht der nationalsozialistischen Judenverfolgung bildet.
Sie sind frei, Dr. Korczak ist aber auch ein frühes filmisches Porträt des Warschauer Ghettos, das das Leben dort in all seinen Facetten und Widersprüchen darzustellen versucht. Dazu werden an signifikanten Stellen auch mehrfach Dokumentaraufnahmen eingeblendet, die in Form von Fotografien und Filmen, die die Deutschen im Ghetto zu Propagandazwecken aufgenommen hatten, den ‚Alltag’ symbolisieren sollen und mit Aufzeichnungen aus Korczaks Tagebüchern kontrastiert werden. Einige Spielszenen, beispielsweise mit dem Leiter des Judenrates Adam Czerniakow oder vom Aufstand der jüdischen Jugend gegen die deutschen Henker im Jahr 1943, stellen das historische Propagandamaterial, insbesondere die 1942 entstandenen Filmaufnahmen und die Fotos des sogenannten Stroop-Reports, nach. Damit nimmt Ford Techniken vorweg, die auch Roman Polanskis Der Pianist (2002) prägen. Die Kombination von Bildmaterial und Tagebuchaufzeichnungen erinnert auch an Verfahren, die die israelische Regisseurin Yael Hersonski in ihrem Dokumentarfilm Geheimsache Ghettofilm (2010) zur filmischen Analyse der deutschen Propagandaaufnahmen angewendet hat.
Neben der Einführung in Janusz Korczaks Leben und Werk, und als interessanter Kontrast zu Wajdas Film Korczak von 1990, eignet sich der nun wieder zugängliche Film Sie sind frei, Dr. Korczak also auch für die Beschäftigung mit der visuellen Erinnerung an das Warschauer Ghetto und kann mit den historischen Filmaufnahmen und den Filmen von Polanski und Hersonski sinnvoll kombiniert werden. Dank der Neuauflage des Films als DVD schließt sich somit nicht nur eine filmhistorische Lücke. Auch für pädagogische Zwecke lässt sich die DVD vielseitig einsetzen.
Sie sind frei, Dr. Korczak
Deutschland, Israel 1974
Drehbuch: Ben Barzman, Alexander Ramati
Kamera: Jerzy Lipman
Schnitt: Carl Otto Bartning
Musik: Moshe Wilensky
Produzent: Artur Brauner
Regie: Aleksander Ford
Darsteller: Leo Genn, Orna Porat, Efrat Lavie, Benjamin Völz, Charles Werner, Jürgen Lier, Albert Bessler, Egon Schäfer, Volker Brandt, Heinz Lieven
Laufzeit: ca. 93 Minuten
Bildformat: PAL 4:3
Tonformat: Dolby Digital 2.0
Sprache: DeutschLändercode: 2 (Europa)
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
DVD in einem Amaray-Case mit Wende-Inlay,
herausgegeben und vertrieben durch PIDAXFILM.
12,90 EUR
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