Liebe Leserinnen und Leser,
herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe des Newsletters!
Wir – die Mitarbeiter_innen des Desks für die deutschsprachigen Länder – freuen uns, Ihnen zu Beginn des Jahres 2016 ein neu entwickeltes Unterrichtsmaterial zu präsentieren. Es handelt sich um die didaktisch aufbereitete (Über-)Lebensgeschichte von Tswi Herschel. Nico Herschel, der im Jahr 1943 von den nationalsozialistischen Machthabern gezwungen wurde, mit seiner Familie von seiner Heimatstadt Zwolle nach Amsterdam zu ziehen, hat seinem Sohn ein einzigartiges historisches Dokument hinterlassen: Einen „Lebenskalender“, den er im Winter 1942/43 nach der Geburt seines einzigen Sohnes in den besetzten Niederlanden gezeichnet hat. In diesem Kalender legt er seine persönliche Zukunftsvision für den Sohn nieder: den Weg einer selbstbestimmten, optimistischen und glücklichen Familie, die ihre Zukunft in Eretz Israel sah, wo sie sich schließlich niederlassen würde. Ein Vermittlungsziel dieser Einheit ist es, den Zionismus als politische Idee und Lebenskonzept jüdischer Europäerinnen und Europäer vorzustellen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Zukunft in einem jüdischen Staat sahen – ein Konzept, das während der Shoah schließlich existenzielle Bedeutung annahm, für die meisten der verfolgten Jüdinnen und Juden Europas allerdings nicht mehr umsetzbar war. Die Unterrichtseinheit versucht demnach Aspekte und Fragestellungen aufzugreifen, die bereits in der Ausgabe des letzten Newsletters (Deutschland und Israel - Perspektiven im Schatten der Shoah) eine Rolle gespielt haben, und die sich unter anderem mit dem Verhältnis zwischen der Shoah und dem Staat Israel befassen.
Dieser Workshop wurde in enger Zusammenarbeit mit Tswi Herschel entwickelt, der in einem intensiven Austausch mit dem German Desk der ISHS steht. Anne Leppert und Simon Salzmann, die bis Dezember ein Praktikum am German Desk absolvierten, haben Tswi Herschel interviewt und mit ihm über den Lebenskalender gesprochen.
An diesen pädagogischen Schwerpunkt anknüpfend berichtet die Dülmener Hermann-Leeser-Realschule, die eine Partnerschule Yad Vashems ist, von ihrem ehrgeizigen und engagierten Projekt. Schüler_innen und Lehrer_innen dieser Schule haben die Geschichte der Familie ihres Namensgebers recherchiert und rekonstruiert. In enger Zusammenarbeit mit der Tochter Hermann Leesers, der Holocaustüberlebenden Helga Becker-Leeser, hat die Geschichts-AG unter der Leitung von Dr. Andrea Peine und Gerda Küper, wissenschaftlich begleitet durch Dr. Noa Mkayton und Theo Schwedmann, ein Schulbuch erstellt, welches im Herbst erschienen ist. Es wurde auf dem 6. Bildungspartnerkongress in Essen ausgezeichnet.
In einer Rezension beschäftigt sich Romina Wiegemann mit Channah Trzebiners Die Enkelin oder wie ich zu Pessach die vier Fragen nicht wusste, welches die Perspektive der Enkelgeneration der Shoah-Überlebenden beleuchtet. Anne Lepper hat sich einem wenig bekannten zeithistorischen Thema zugewandt und Brigitte Entners Wer war Klara aus Šentlipš/St. Philippen? Kärntner Slowenen und Sloweninnen als Opfer der NS-Verfolgung für uns rezensiert.
Aufgrund neustrukturierter Arbeitsabläufe am German Desk wird der Newsletter ab sofort nur noch ein- bis zweimal pro Jahr erscheinen. Wir bemühen uns, Ihnen in diesen wenigen Ausgaben dennoch weiterhin interessante Beiträge anzubieten.
Der German Desk wünscht allen Leser_innen einen guten Start ins neue Jahr.
Wie immer freuen wir uns über Kommentare und Feedback.
Ihre Birte Hewera
Im Gespräch mit Tswi Herschel
Die Geschichte der Familie Herschel
Dauer: zwei Doppelstunden
Konzept und Ausführung: Deborah Hartmann, Dr. Noa Mkayton
Pädagogische Beratung: Shulamit Imber
Historische Beratung: Daniel RozengaDas Wort „Kalender“ assoziieren wir wohl am ehesten mit Terminen. Termine, die viel Arbeit mit sich bringen, Termine, die man fürchtet, Termine auf die man sich freut. Kalender führen wir für uns selbst, erstellen sie für unsere Familie oder für das Büro.
Nico Herschel hat einen ganz anderen Kalender entworfen, nämlich einen Lebenskalender für...