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Hilfe und Rettung während des Holocaust: 50 Jahre Programm "Gerechte unter den Völkern" - Juni 2012

Liebe Leserinnen und Leser,

ich freue mich, Ihnen heute eine neue Ausgabe unseres deutschsprachigen E-Newsletters präsentieren zu können, die sich dieses Mal mit den Helfern und Rettern von Jüdinnen und Juden während des Holocaust beschäftigt. Der Anlass dieser Schwerpunktsetzung ist das 50jährige Bestehen der Kommission der „Gerechten unter den Völkern“, die 1962 vom Staat Israel ins Leben gerufen wurde, um das bereits in den 40er Jahren formulierte Ziel zu erfüllen, in Israel und Yad Vashem an jene Nicht-Juden zu erinnern, die während des Holocaust ihr Leben riskiert haben, um Juden zu retten. Seit den 60er Jahren wird ausgehend von festgelegten Kriterien darüber entschieden, wer als Gerechter von Yad Vashem anerkannt und geehrt werden soll und muss. In einem ausführlichen Artikel beschreibt die heutige Leiterin der Abteilung der „Gerechten unter den Völkern“ Irena Steinfeldt die Geschichte und die Arbeit der Kommission. Nachgezeichnet werden dabei auch die Überlegungen und Beweggründe, bestimmte Kriterien zu formulieren, nach denen über eine Ehrung entschieden wird, sowie diverse Dilemmata, die daraus resultieren. Ergänzt wird dieser Artikel durch ein Interview mit dem Holocaustüberlebenden und langjährigen Mitglied der französischen Auswahlkommission Dr. Ehud Loeb. Ehud Loeb berichtet darin über seine französischen Helfer und Retter und verdeutlicht die besondere Bedeutung, die der Kommission und ihrer Tätigkeit bis zum heutigen Tag zukommt. Er betont aber auch seine individuellen Beweggründe und persönliche Verpflichtung, die Arbeit der Kommission zu unterstützen. Schließlich erzählt der Artikel „‚Kein Jude blieb ohne Schutz eines Albaners‘" die bis vor wenigen Jahren kaum bekannte Geschichte der muslimischen Bevölkerung Albaniens und berichtet von deren Bestreben, die Juden Albaniens vor der Deportation und Vernichtung zu retten. 

Die Ausgabe dieses Newsletters möchte über das Programm der „Gerechten unter den Völkern“ in Yad Vashem hinaus den Themenschwerpunkt der Hilfe und Rettung in einen weiteren historischen und pädagogischen Kontext bearbeiten. In Fortführung des letzten E-Newsletters, der sich mit der Motivation und dem Handeln der Täter und Bystander auseinandergesetzt und pädagogische Ansätze vorgestellt hat, wie die Täterperspektive in den Unterricht über den Nationalsozialismus und Holocaust integriert werden kann, versucht die aktuelle Ausgabe sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Rolle die Geschichten der Retter und Helfer in der pädagogischen Auseinandersetzung einnehmen sollten und wie diese aufbereitet und präsentiert werden können. In diesem Zusammenhang stellt Dr. Beate Kosmala die Berliner Gedenkstätte „Stille Helden“ vor und verdeutlicht dabei leitende konzeptionelle Überlegungen bei der Ausstellung und Bearbeitung von Rettungsgeschichten. Zudem setzt sie die Taten der Retter und Helfer zum Begriff der Zivilcourage in Beziehung und fragt nach den Zielen der pädagogischen Arbeit mit diesen sogenannten „stillen Helden“. Der Artikel von Susanne Beer beschäftigt sich mit dem an der Universität Essen durchgeführten empirischen Forschungsprojekt „Referenzrahmen des Helfens“, welches aus sozialpsychologischer Sicht zu erklären versucht, weshalb jemand zum Helfer wurde. Die von ihr zusammengefassten Ergebnisse geben Aufschluss darüber, aus welcher Intention heraus Rettungstaten zustande kamen und sensibilisieren dafür, auch im pädagogischen Raum nicht vorschnelle Schlüsse zu ziehen und ideologisch begründete Motive des Widerstands gegen den Nationalsozialismus zu konstatieren. All diese Überlegungen ergeben ein umfangreiches Bild und sensibilisieren gleichzeitig für den Umgang mit den Gerechten im Kontext der Geschichte des Holocaust. So können diese nicht unkritisch als Helden rezipiert werden, ohne auf existentielle Dilemmata und die spezifische Situation ihres Handelns einzugehen. Eine wichtige Rolle spielt dabei immer auch das besondere Verhältnis von Helfern und Geretteten.

Wie immer finden Sie im Newsletter auch weitere Nachrichten aus Yad Vashem und den deutschsprachigen Ländern, sowie Termine der nächsten Monate.

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und freuen uns über Feedback und Anregungen.

Ihre
Deborah Hartmann

 

Interview mit Dr. Ehud Loeb

Interview mit Dr. Ehud Loeb

Ehud Loeb, 1934 in Bühl im Badischen als Herbert Odenheimer geboren, wurde im Alter von sechs Jahren aus seiner Geburtsstadt vertrieben und gemeinsam mit seinen Eltern und etwa 6.500 anderen Juden aus Baden und Saarpfalz in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. Während seine Eltern und der Großteil seiner weiteren Familie von den Nazis ermordet wurden, überlebte er durch den Einsatz verschiedener – nichtjüdischer sowie jüdischer – Helfer den Krieg in Frankreich. Herbert, der nun den französischen Namen Hubert trug, wurde nach Kriegsende von Verwandten in der...
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„Kein Jude blieb ohne Schutz eines Albaners“

„Kein Jude blieb ohne Schutz eines Albaners“

Als sich Gavra Mandil im Juni 1987 an die Gedenkstätte Yad Vashem wandte, um den Albaner Refik Veseli und dessen Eltern Fatima und Vesel Veseli als „Gerechte unter den Völkern“ zu ehren, begründete er seinen Antrag unter anderem damit, dass er eine Geschichte dokumentieren möchte, die bislang kaum bekannt sei und für zukünftige Generationen aufbewahrt werden müsse.Gavra Mandil wurde 1936 in Belgrad, dem damaligen Jugoslawien, geboren. Nach der Besetzung des serbischen Teils Jugoslawiens durch die deutsche Wehrmacht 1941, flohen seine Eltern mit ihm und seiner zwei Jahre jüngeren...
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Gedenkstätte Stille Helden

Gedenkstätte Stille Helden

Dr. Beate KosmalaMit der Eröffnung dieser Gedenkstätte im Oktober 2008 in Berlin entstand mehr als sechs Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erstmals ein Erinnerungsort, der sowohl jenen Juden gewidmet ist, die sich durch Flucht in den Untergrund der Deportation entzogen und versteckt zu überleben versuchten, als auch ihren nichtjüdischen Helfern in Deutschland, die unter den Bedingungen von NS-Diktatur und Krieg unter eigener Gefährdung Handlungsspielräume nutzten, um Leben zu retten. Die Flucht in den Untergrund war am ehesten noch Juden in Berlin möglich, da in anderen...
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Die „Gerechten unter den Völkern“ – Erläuterungen über den präzedenzlosen Versuch der Überlebenden deren Retter und Helfer zu ehren

Die „Gerechten unter den Völkern“ – Erläuterungen über den präzedenzlosen Versuch der Überlebenden deren Retter und Helfer zu ehren

Irena SteinfeldtUnter den vielen Dokumenten, die in dem von Dr. Emanuel Ringelblum geleiteten Untergrundarchiv „Oneg Shabat“ des Warschauer Ghettos aufbewahrt wurden, befindet sich unter anderem der Bericht der Kurierin Lonka Koszybrocka, die in der Untergrundbewegung aktiv war. Sie erzählte von der Hilfe, die die Untergrundbewegung in Wilna (Litauen) durch einen österreichischen Unteroffizier namens Anton Schmid erhielt. Schmid war in Wilna Leiter der Versprengten-Sammelstelle der deutschen Wehrmacht und hatte die Aufgabe, Soldaten, die von ihren Einheiten getrennt worden waren,...
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Vom Zuschauen zum Handeln – Ein Bericht über das Forschungsprojekt 

Vom Zuschauen zum Handeln – Ein Bericht über das Forschungsprojekt 

Susanne BeerWarum halfen einige Menschen jüdischen Verfolgten, während ihre Nachbarn und Bekannten wegschauten oder sich gar an der Gewalt beteiligten? Warum riskierten sie ihren Ruf, ihre Freiheit und ihr Leben für Personen, die sie häufig nicht einmal kannten? Die sogenannten ‚Judenretter‘ werfen Fragen über die ‚Natur des Guten‘ auf und darüber, wie solidarisches Verhalten in Situationen kollektiver Gewalt entsteht. Überraschenderweise haben bislang nur wenige Forscher versucht, diese Fragen durch empirische Untersuchungen zu beantworten. Das Projekt „Referenzrahmen...
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