Liebe Leserinnen und Leser,
Am 19. April 2013 jährt sich zum siebzigsten Mal der Aufstand im Warschauer Ghetto. Dies ist Anlass in dieser Ausgabe des deutschsprachigen E-Newsletters an die Geschehnisse im Frühjahr des Jahres 1943 zu erinnern und einige bisher weniger bekannte Aspekte des Ereignisses zu beleuchten.
Bereits zum Zeitpunkt, als sich die verbliebenen jüdischen Bewohner des Ghettos gegen ihre deutschen Peiniger erhoben, zwei Jahre vor Kriegsende, sorgte der Aufstand weltweit für Aufmerksamkeit. Er brach mit der Vorstellung der passiven und wehrlosen jüdischen Opfer und verbreitete ein Moment der Hoffnung und des Stolzes unter den unmittelbar mit dem Tod bedrohten europäischen Juden.
Nach der Befreiung war der Aufstand ein zentraler Bezugspunkt jüdischer Erinnerung. Er galt als Symbol jüdischen Widerstandsgeistes und wurde daher nicht nur für das um seine Existenz kämpfende Israel zum wichtigsten Anknüpfungspunkt.
Mit dem Kibbutz Lohamei HaGhetaot und dem dort gegründeten Museum entstand ein erster Ort der Erinnerung an die Shoah, der vor allem durch die Tradition des Heldenmuts der Kämpfer im Warschauer Ghetto geprägt war. Und auch die staatliche Holocaustgedenkstätte Yad Vashem betonte lange Jahre insbesondere den Widerstand, für den der Aufstand im Ghetto Warschau beinahe zum Synonym wurde, signifikant visualisiert in der zentralen Lage, die die Replik des Denkmals von Nathan Rapoport am Platz der Ghettokämpfer im Ensemble der Gedenkstätte einnimmt.
In späteren Jahren hat sich das Verständnis von Widerstand zunehmend gewandelt, traten andere Formen in den Vordergrund, menschliche Werte und menschliches Handeln auch unter den von außen aufgezwungenen unmenschlichen Bedingungen zu bewahren. Dennoch blieb und bleibt der Aufstand im Warschauer Ghetto ein zentrales Ereignis, nicht nur in der jüdischen Erinnerung, sondern auch in der Geschichte Europas.
Moshe Tirosh berichtet über die Zeit als Kind im Warschauer Ghetto und die Widerstandsaktivitäten seines Vaters, sowie die Bedeutung des Aufstandes für ihn persönlich. Arno Lustiger beleuchtet in seinem Artikel den bisher aus dem Kanon der Erinnerung ausgesparten Anteil des „jüdischen Militärverbandes“ am Aufstand. Chaim Shalem untersucht jüdisch-orthodoxe Reaktionen auf die Widerstandsaktivitäten des jüdischen Untergrunds.
Der Newsletter beinhaltet ebenfalls ein Interview mit Christoph Dieckmann, der im Dezember 2012 mit dem Yad Vashem Book Award ausgezeichnet worden ist. Ferner finden Sie den Bericht über ein Schülerprojekt aus Münster über die im Distrikt Lublin begangenen Verbrechen, sowie die Rezension zu einem neuen Online Angebot der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin.
Wie immer finden Sie im Newsletter auch weitere Nachrichten aus Yad Vashem und den deutschsprachigen Ländern, sowie Termine der nächsten Monate.
Ich wünsche Ihnen eine interessante und anregende Lektüre und freue mich über Anregungen, Hinweise und Kritik.
Ihre
Deborah Hartmann