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Yad Vashem ist an Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen.
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Romina Wiegemann
Channah Trzebiner
Die Enkelin: oder Wie ich zu Pessach die vier Fragen nicht wusste
Weissbooks Verlag, Februar 2013
280 Seiten
19, 90 €
Während Autorinnen wie Lizzie Doron, Lily Brett und Gila Lustiger als Vertreterinnen der „Zweiten Generation“ wohlbekannt sind, sind Stimmen der „Dritten Generation“ im Literaturbetrieb bislang kaum wahrnehmbar. Doch es gibt Ausnahmen. Die Frankfurterin Channah Trzebiner, Enkelin Holocaust-Überlebender, bricht mit ihrem autobiographischen Werk ihr selbst auferlegtes Schweigen und führt uns vor Augen, wie stark sich die traumatischen Erlebnisse der Großeltern noch auf die Enkelgeneration auswirken können.
Der Großvater
Wie überlebt man das Überleben? Diese bittere Frage drängt sich bei der Betrachtung des Schicksals von Abraham und Rachel, Channahs Großeltern, auf. Die beiden heirateten nach der Shoah in zweiter Ehe. Rachels erster Mann und ihr Baby waren ermordet worden. Auch Abrahams kleiner Sohn – gerade hatte er laufen gelernt – und seine hochschwangere Frau wurden vor seinen Augen in die Gaskammer gezwungen. Das unermessliche Leid, das ihm in den Ghettos und später in Auschwitz zugefügt wurde, hatte Channahs Großvater gelehrt, niemals unachtsam zu sein, jederzeit Gefahr zu wittern und sich der Allgegenwärtigkeit des Todes bewusst zu bleiben. Channah wächst mit Abrahams Traurigkeit, seinem Jähzorn und seiner Feindlichkeit jeglicher Form von Fröhlichkeit gegenüber auf. Trotzdem liebt sie ihren Großvater über alle Maßen. So sehr, dass sie sich schon als junges Mädchen überlegt, was sie alles opfern würde, um ihn einmal glücklich und unbeschwert zu erleben.
Das unsichtbare Band
Channah ist elf, als ihr Vater an Krebs stirbt. Abseits ihrer eigenen Trauer realisiert sie, dass ihr Vater für ihre Mutter die eigentliche Verbindung zum Leben dargestellt hatte. Das unsichtbare Band, das die Familie umschlingt, wird ab diesem Schicksalsschlag noch enger, das depressive Schweigen bei Familienzusammenkünften ausgeprägter, die Bedrückung, die auf unausgesprochenen Schrecklichkeiten basiert, noch unerträglicher. Channah fügt sich in die Psychodynamik ihrer Familie ein, indem sie Teil der Leidensgemeinschaft wird. Sie hört auf, in der Gegenwart ihres Großvaters zu lachen, spricht wenig und flüchtet sich in die Welt der Bücher, um die Leere zu füllen. Die Verbindung zu ihrem Innersten kappt sie, eigenen Gefühlen gesteht sie keinen Raum zu. Lange ist Channah der Ansicht, dass ein anderer Weg nicht in Frage kommt, denn das hieße für sie, die Familie mit ihrem Leid im Stich zu lassen.
Emanzipation
Nach dem Scheitern ihrer Ehe beginnt für Channah ein neues Kapitel in ihrem Leben. Die Juristin, die bis zu diesem Zeitpunkt in einer überwiegend jüdischen Umgebung verkehrt hatte, tritt eine Stelle in einem Unternehmen an, wo sie erstmalig nähere Bekanntschaft mit nichtjüdischen Menschen macht. Sie geht eine Liebesbeziehung mit Marco ein, der ebenfalls kein Jude ist. Channah muss dafür viele Fragen mit sich selbst klären. Kommt es einem Verrat an ihren Großeltern gleich, wenn sie mit einem Nichtjuden liiert ist, der noch dazu Deutscher ist? Welchem Loyalitätsanspruch muss sie selbst und welchem muss Marco genügen? Was bedeutet das Judentum für Channah, und ist eine „geteilte“ Identität für ihre noch ungeborenen Kinder ein gangbarer Weg?
Fazit
Channah Trzebiner bietet einen interessanten Einblick in die Gefühlswelt der Dritten Generation, der Enkelinnen und Enkel der Shoa-Überlebenden. Einfühlsam, differenziert und gleichzeitig schonungslos beschreibt sie die psychosoziale Verfasstheit ihrer Familie und die Auswirkung, die die Leidenserfahrung ihrer Großeltern auch auf ihr eigenes Leben hat. Es ist spannend, Channah bei der Suche nach Antworten bezüglich ihrer Identität, ihrer Rolle im Familiengefüge und innerhalb der jüdischen Gemeinschaft zu begleiten. Ab und zu schweift sie dabei etwas ab, ihre allgemeinen Beobachtungen zu Beziehungen zwischen Mann und Frau mögen an mancher Stelle etwas deplatziert wirken. Viel interessanter ist der mutige Entwicklungsweg, den die Autorin und Protagonistin in ihrem Buch beschreibt, denn Channah kämpft unermüdlich darum, aus bekannten, als belastend erfahrenen Strukturen auszubrechen, um ihr eigenes Glück zu finden.
Romina Wiegemann stammt ursprünglich aus Wien. Nach verschiedenen beruflichen Stationen besucht sie derzeit am Touro College Berlin den Masterstudiengang „Holocaust Communication and Tolerance“.
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