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Gerüchte über die Ermordung von Juden im Osten verbreiteten sich in den polnischen Ghettos. Dennoch fiel es dem Großteil der Menschen schwer, diese vagen Aussagen zu verarbeiten, da die Meldungen von einer noch nie dagewesenen Realität sprachen. Konkretere und fundiertere Informationen über die Ermordung der Juden erreichten jedoch die Untergrundbewegungen. Die von Boten und Verbindungsleuten außerhalb der Ghettos übermittelten Informationen brachten sie schließlich zu der Erkenntnis, dass das jüdische Volk systematisch und geplant ermordet werden sollte - dies hatte es in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben. Allerdings begannen die Mitglieder der Untergrundorganisationen dieses Ausmaß erst in einer späteren Phase, nach Beginn der Deportationen, zu begreifen, und sich zum bewaffneten Widerstand zu rüsten.
Der bewaffnete jüdische Widerstand fand auf drei Ebenen statt: Bewaffnete Aufstände in Ghettos und Lagern; Flucht und Schmuggel von Juden aus den Städten und Ghettos in die Wälder zum dortigen Partisanenkampf; das Verstecken Einzelner, kollektive Rettungsaktionen sowie die Rettung von Kindern.
Auch in Zentral- und Westeuropa schlossen sich Juden bewaffneten Untergrundorganisationen an. In Belgien und Frankreich waren sie im Untergrund und in Einheiten der Résistance aktiv. Auch im slowakischen Aufstand, der im Sommer 1944 ausbrach, spielten Juden eine zentrale Rolle. Juden, die in die Berge Jugoslawiens geflohen waren, schlossen sich großteils den Partisanen unter Josip Broz Tito an. Zehntausende, die sich in den Wäldern Weißrusslands und der Ukraine aufhielten, kämpften in jüdischen Partisaneneinheiten. Andere schlossen sich gemischten Verbänden an. In dicht bewaldeten Gebieten wurden Familienlager für die in die Wälder geflohenen Juden errichtet, die von den Kämpfern ernährt und verteidigt wurden.
Selbst in Konzentrations- und Vernichtungslagern fanden Gefangenenaufstände statt. In Treblinka töteten im August 1943 drei Gefangenengruppen, die zum Verbrennen der Leichen und Sortieren des Eigentums der Ermordeten gezwungen wurden, einen Teil des Lagerpersonals, übernahmen die Kontrolle über das Waffenlager und steckten die Gaskammern und Baracken des Lagers in Brand. In Sobibor rebellierten die Gefangenen, und einigen von ihnen gelang die Flucht. Auch in Auschwitz-Birkenau gab es Widerstand, Sabotageakte und Fluchtversuche. Im Oktober 1944 organisierten Häftlinge des Sonderkommandos einen Aufstand. Ihnen gelang es, ein Krematorium mit Sprengsätzen zu zerstören.