Bilddokumentation spielt in der Herausbildung eines historischen Bewusstseins zum Holocaust eine tragende Rolle. Neben der archivarischen Dokumentation des Zeitgeschehens und der Erforschung dieser Dokumente leistet sie einen bedeutenden Beitrag zur Kenntnis des Holocaust, beeinflusst dessen Analyse und Verständnis und wirkt sich auf die Prägung des kollektiven Gedächtnisses aus.
Mit ihrer Fähigkeit zur Manipulation hat die Kamera immensen Einfluss: Obwohl Fotografie den Anschein erweckt, die Realität abzubilden, ist sie eigentlich eine Interpretation derselben. Faktoren wie Weltanschauung, Werte und individuelle Moralvorstellungen beeinflussen Auswahl und Darstellung jedes fotografierten Objekts. Wenn Bilddokumente auch als historische Dokumente verwendet werden, ist es wichtig, diesen Gesichtspunkten höchste Bedeutung beizumessen.
Unterschiedliche Instanzen machten während des Holocaust Bildaufnahmen: für den Propagandaapparat des Naziregimes spielten Fotografie und Film als Ausdrucksmittel und bei der Manipulation und Mobilisierung der Massen eine entscheidende Rolle. Diese Art der Dokumentation ist ein Zeugnis sowohl der nationalsozialistischen Ideologie als auch der Art und Weise, wie sich führende Kräfte des Regimes ein Image bildeten. Umgekehrt dazu war jüdische Fotografie ein Teil des Überlebenskampfes derer, die in Ghettos eingesperrt waren. Als Zeugnis jüdischer Untergrundaktivität gibt sie dem Bedürfnis Ausdruck, die Tragödie, die über das jüdische Volk hereingebrochen war, zu dokumentieren und bekannt zu machen.
Die Alliierten, denen der Informationswert der Fotos aus den von ihnen befreiten Lagern bewusst war, dokumentierten die Szenen, die sich ihnen darboten, brachten offizielle Fotografen in die Lager und ermutigten die Soldaten, für spätere Kriegsverbrecherprozesse und zur Umerziehung der deutschen Bevölkerung die Nazigräuel festzuhalten.
Diese Ausstellung ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Dokumentation aus dem Blickwinkel der Kamera. Im Vordergrund stehen die Umstände, unter welchen das Foto entstand, und die Weltsicht des Fotografen, wobei auf den einzigartigen Blickwinkel jüdischer Fotografen als direkter Opfer des Holocaust Bezug genommen wird.
Alle ausgestellten Objekte sind Reproduktionen der Originale.
