Sonntag bis Donnerstag: 9.00-17.00 Uhr Freitags und an den Abenden vor einem Feiertag: 9.00-14.00 Uhr
Yad Vashem ist an Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen.
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Die Geschichte von Olena Hryhoryshyn und Donia Rozen ist eine Geschichte von Mord und Zerstörung – die Geschichte eines zwölfjährigen Mädchens, dessen gesamte Familie ermordet wurde und das wie ein gejagtes Tier im Wald überlebte. Gleichzeitig ist dies aber auch eine Geschichte über die höchste Ausprägung von Menschlichkeit und Güte.
Donia Rozen wurde 1930 in Kossow, Bezirk Stanisławów, geboren, dem heutigen Iwano-Frankiwsk in der Ukraine. Ihre Mutter starb, als Donia zwei Jahre alt war, ihr Vater verheiratete sich wieder, zog nach Kolomea und schickte seine Tochter zu den Großeltern mütterlicherseits, die im Dorf Szeszory im Bezirk Kossow ein Gasthaus besaßen. Das Landleben prägte Donias frühe Jahre. Sie war ein einsames Kind und verbrachte ihre Zeit meist damit, durch den Wald zu streifen. In den folgenden Jahren erwies sich ihre Liebe zur Natur als entscheidend für ihre Überlebensfähigkeit und rettete ihr wahrscheinlich das Leben.
Als die Deutschen im Sommer 1941 in die Sowjetunion einmarschierten, hörte das stille Leben auf. Nachdem Nachbarn die Familie angegriffen und ihr Haus geplündert hatten, mussten sie weggehen und zogen zu dem Onkel in Kossow. Doch bald begann dort das Morden. Während des Blutbads vom 16. und 17. Oktober 1941 gelang es Donia und ihrer Großmutter, wegzulaufen, und mit den Mördern auf den Fersen klopften sie an die Türen ihrer Nachbarn. Eine Frau weigerte sich, zu öffnen, aber eine andere ließ sie ein. Von ihrem Versteck aus hörte Donia, wie ihr Großvater die Mörder um Gnade anflehte, bevor sie ihn töteten.
Ein Jahr später, am 28. September 1942, wurden die verbleibenden Juden von Kossow umgebracht, und die zwölfjärige Donia blieb allein übrig. Irgendwie gelang es ihr, Kossow zu verlassen, und sie begann, in der Gegend umherzuziehen, von einem Dorf ins andere zu wandern, in Scheunen zu schlafen und von der Nahrung zu leben, die ihr die Bauern gaben. Eine Frau hatte Mitleid mit ihr und bat Stefan Hryhoryshyn, der mit seiner Schwester in einer kleinen Hütte außerhalb des Dorfs Mykitince lebte, sie aufzunehmen. Der Mann willigte ein und brachte das Mädchen nach Hause zu seiner Schwester. Von diesem Augenblick an nahm Olena Hryhoryshyn das Kind unter ihre Fittiche. Sie sorgte für es, gab ihm zu essen und beschützte es trotz der Gefahr vonseiten der Deutschen und der Feindseligkeit ihrer Nachbarn. Die arme, einfache Frau, die bereits über sechzig war, beschützte das Mädchen, war bereit, ihr Schicksal zu teilen und umfing sie auf ihre schlichteArt mit Liebe und menschlicher Wärme.
Kurz nach Donias Ankunft in der Hütte der Hryhoryshyns überlegte es sich ihr Bruder anders. Aus Angst vor Entdeckung beschloss er, das Mädchen wegzuschicken. Als Olena sich weigerte, sich von ihrem Schützling zu trennen, warf er sie beide hinaus.
Wieder einmal war Donia ohne ein Zuhause und wanderte von einem Ort zum anderen, aber diesmal war sie nicht allein. Die alte Frau sorgte für sie, indem sie für ihre Nahrung arbeitete. Als der Winter kam und es zu kalt wurde, im Freien zu überleben, beschloss Olena, mit Donia nach Hause zurückzukehren und sie vor ihrem Bruder zu verbergen. Dort versteckte sich das kleine Mädchen, wenn der Bruder zu Hause war. Olena ging arbeiten, und wenn sie zurückkam, brachte sie dem Mädchen eine alte Zeitung oder ein lädiertes Buch zum Lesen.
Die beiden lebten in ständiger Angst vor Entdeckung durch die Deutschen oder Denunziation durch die Nachbarn oder Kollaborateure im Dorf. In ihren Erinnerungen beschreibt Donia, wie einmal ein Polizist in die Hütte kam und Olena und Donia auf die Straße zerrte und schlug. Wieder flohen sie in den Wald, wo Olena ein Versteck für Donia baute und es mit trockenen Zweigen bedeckte. Dies wurde Donias „Zuhause“ für den Winter 1942/43. Jede Nacht besuchte Olena Hryhoryshyn das Mädchen, brachte ihr zu essen und wärmte ihren eiskalten Körper. Zu diesem Zeitpunkt war ihre Zuneigung zu Donia so groß, dass sie nicht auf ihre eigene Sicherheit achtete, sondern ganz und gar auf das Wohlergehen ihres Schützlings bedacht war. Als es zu gefährlich wurde, brachte die alte Frau Donia zu einem entlegeneren Versteck in den Bergen.
Trotz der deutschen Niederlagen auf dem Schlachtfeld wurde die Jagd auf Juden fortgesetzt, und die Gefahr ließ nicht nach. Im Frühjahr 1944, als sich die Rote Armee näherte, entdeckte ein Polizist Donias Versteck. Es gelang ihr, zu fliehen: sie sprang in den Pruth und überquerte ihn. Am anderen Ufer war die Rote Armee, und Donia war frei. Olena sah sie nie wieder.
1948 wanderte Donia Rozen nach Israel aus. Aufgrund von Donias Aussage wurde Olena Hryhoryshyn 1965 als Gerechte unter den Völkern anerkannt, und Donia pflanzte ihr zu Ehren einen Baum auf dem Berg des Gedenkens.
Ab 1958 arbeitete Donia Rozen in Yad Vashem und wurde schließlich Leiterin der Abteilung für die Gerechten der Völker.In den Siebziger Jahren ging sie in Ruhestand.
1955 verfasste Donia Rozen eine 17 Seiten starke Zeugenaussage im Andenken an ihre Familie, die ums Leben gekommen war, darunter ihr Vater Abraham Rozen, ihre Großeltern Refael und Feiga Feiger, ihre Onkel, Tanten und Cousinen.
Donia Rozen widmete Olena Hryhoryshyn ihre Autobiografie „Mein Freund, der Wald“, veröffentlicht von Yad Vashem:
„Dieses Buch ist Olena gewidmet und all den namenlosen Olenas, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um jüdische Kinder zu retten. Olena, liebe, unvergessliche Olena – wäre ich Bildhauerin, würde ich ein Denkmal für Dich errichten. Ich würde Dein edles Bild verewigen – das Bild einer Mutter, die bereit ist, die größte Grausamkeit zu ertragen, um ihre Kinder zu retten, die bereit ist, ihr Leben zu opfern. Du warst mir eine Mutter – die Mutter, die ich in früher Kindheit verloren hatte. Leider bin ich weder Bildhauerin noch Dichterin, und alles, was ich Dir bieten kann, ist dies bescheidene Geschenk – diese Erinnerungen, die aus tiefer innerer Notwendigkeit geschrieben wurden. Nimm sie an, liebe Olena, als Ausdruck meiner großen Liebe zu Dir, als Ausdruck meiner Dankbarkeit und Anerkennung. Liebe, geliebte Olena, ich werde Dich niemals vergessen.“
Bezugnehmend auf die Notwendigkeit des Erinnerns, schrieb Donia Rozen in ihren Erinnerungen: „Ich möchte, dass Ihr uns ein Denkmal baut – ein Denkmal, das bis zum Himmel reicht, ein Zeugnis, das die ganze Welt sieht: nicht aus Stein oder Marmor, sondern aus guten Taten.“
Am 15. Juni 1965 wurde Olena Hryhoryshyn von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern anerkannt.
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