Grußkarten zu Rosch Haschana aus dem Lager Bergen-Belsen
Simon Dasberg und seine Frau Isabella (geb. Franck) lebten in Groningen (Niederlande), wo Simon als Gemeinderabbiner amtierte. Sie hatten vier Kinder - Fanny (Zipporah), Dina, Samuel und Rafael.
1943 wurden die Dasbergs nach Westerbork und von dort ins „Sternlager" in Bergen-Belsen deportiert. Rabbiner Dasberg nahm eine Thorarolle mit ins Lager, so dass er die Mizwa (das Gebot) des Lesens aus der Thora befolgen konnte, und gab sogar Bar Mizwa-Jungen die Möglichkeit, gemäß der jüdischen Tradition für Jungen, die das dreizehnte Lebensjahr vollenden, „zur Thora aufgerufen" zu werden.
In Vorbereitung auf Rosch Haschana 5705 (September 1944) bastelten seine Kinder in Bergen-Belsen Neujahrskarten. Sie zeichneten die Symbole des Feiertags, den Schofar (Widderhorn) und den in Honig getauchten Apfel, verzierten die Karten mit leuchtenden Farben und wünschten ihren Eltern ein besseres Jahr als das, das sie gerade durchlebt hatten.
Rafael, mit 8 Jahren der Jüngste, schrieb auf Niederländisch:
„Dieses Jahr werde ich ein sehr guter Junge sein und nie wieder weinen”.
Die älteste Tochter, Fanny (Zipporah), schrieb Folgendes auf ihre Karte:
„Wir werden auch ohne Apfel und Honig ein glückliches und süßes neues Jahr haben" und schloss mit einem Gebet: „Möge der Frieden schnell, in unseren Tagen kommen, und mögen wir bald mit der ganzen Familie nach Hause zurückkehren. Möget Ihr für ein gutes Jahr eingeschrieben werden”.
Doch das Schlimmste stand noch bevor. Im Laufe des Jahres verschlechterte sich die Situation der Gefangenen im „Sternlager". Rabbi Simon Dasberg, Isabella und ihr jüngster Sohn Rafael wurden im Lager ermordet.
Fanny, Dina und Samuel überlebten und wanderten nach dem Krieg nach Eretz Israel aus.
Fanny Stahl (geb. Dasberg) lebt im Kibbutz Ein Hanatziv. Zu einem Tag des Sammelns der Fragmente in Emek Hama'ayanot brachte sie die Neujahrskarten mit, die sie aus dieser dunklen Zeit aufbewahrt hatte, und ließ sie für das Yad Vashem-Archiv fotografieren.