Die jüdische Gemeinde in Königsberg
Historischer Hintergrund
Königsberg war die Hauptstadt Ostpreußens. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurden große Teile der Stadt bei Bombardements durch die Sowjets dem Erdboden gleichgemacht, die sie 1944 schließlich eroberten und annektierten. Heute heißt die Stadt Kaliningrad und gehört zur Republik Russland.
Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Königsberg geht Jahrhunderte zurück. Die Niederlassung von Juden begann Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts, und bereits Mitte des 18. Jahrhunderts kann von einer gut etablierten jüdischen Gemeinde in der Stadt die Rede sein. Königsberg war als Zentrum deutscher Kultur bekannt, und es wurde besonders durch seine Universität (gegründet im Jahr 1544) berühmt, die stets die größten Denker der Zeit anzog, darunter Immanuel Kant, der 34 Jahre lang an der Universität lehrte. Die lebhafte kulturelle Atmosphäre führte dazu, dass Königsberg auch zu einem jüdischen Kulturzentrum wurde. Nicht wenige der jüdischen Bürger der Stadt studierten an der Universität und nahmen deutsche kulturelle Einflüsse in sich auf. Mit der Zeit wurde die Stadt zu einem der Brennpunkte der jüdischen Aufklärung (Haskalah) in Deutschland, und einige der ersten deutsch-jüdischen Aufklärer waren dort aktiv. Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts erschien in Königsberg auch die aufklärerische Zeitung „Hameassef“ („Der Sammler“). Da Königsberg ein Zentrum der jüdischen Aufklärung und später auch der jüdischen Reformbewegung war, entstand eine innere Spaltung in der jüdischen Gemeinde der Stadt, die eine breite Grundlage für Konflikte bot. Diese gesellschaftliche Polarisierung sollte bis ins 20. Jahrhundert andauern und die örtliche Gemeinde auch unter dem Naziregime charakterisieren.
Bei Hitlers Machtübernahme im Januar 1933 sah sich die prestigereiche aber gespaltene jüdische Gemeinde der Stadt mit einer neuen Realität konfrontiert. In der Regel gab die Tatsache, dass Königsberg vom größeren Teil Deutschlands mit den wichtigsten jüdischen Gemeinden, wie Berlin, abgetrennt war, der lokalen Gemeinde eine gewisse Unabhängigkeit, machte sie jedoch auch verletzlicher und ihre Situation empfindlich und problematisch. Nationalismus und Antisemitismus in Ostpreußen waren von jeher beträchtlich gewesen und nahmen gerade in diesem Gebiet rapide zu, das durch den Polnischen Korridor vom Reich abgeschnitten war. So standen die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Königsberg, der Anfang der dreißiger Jahre mehr als 4000 Seelen angehörten, einer neuen politischen und gesellschaftlichen Situation und ständiger Bedrohung gegenüber.