Heute fand erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in der Region München ein historischer Formationsflug der israelischen und deutschen Luftwaffe statt: Eine gemischte Formation überflog das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau und den Militärflugplatz Fürstenfeldbruck, wo während der Olympischen Sommerspiele 1972 neun von insgesamt elf israelischen Athleten von palästinensischen Terroristen ermordet wurden.
Unter den Piloten befand sich der Kommandant der israelischen Luftwaffe Generalmajor Amikam Norkin. Den Weg von Israel nach München legte er jedoch nicht alleine zurück. Mit sich brachte er ein Erinnerungsstück aus der Objektsammlung Yad Vashems, einen Gürtel, der dem Häftling und Überlebenden Pessach Smilg gehörte.
Pessach wurde 1896 im litauischen Kedahnen geboren und führte mit seinem Bruder die Familienfarm in Šiauliai (Schaulen). Er widmete einen Großteil seiner Zeit der Freiwilligenarbeit in Gemeindeangelegenheiten und hatte eine Führungsposition im „Maccabi Šiauliai” inne.
Mit der Besetzung Litauens durch die Deutschen, wurde er im Ghetto Šiauliai interniert und von dort zuerst nach Stutthof und weiter nach Utting, einem Außenlager Dachaus, deportiert.
Pessach und sein Bruder Jacob überlebten den Krieg, die einzigen aus ihrer gesamten Großfamilie.
1948 wanderte Pessach mit seiner Frau Sarah, seinem Bruder Jacob und dessen Frau Paula nach Israel aus, wo er bis zu seinem Tode im Jahr 1992 lebte. Seine Tochter Esther schenkte Yad Vashem den Gürtel ihres Vaters, damit zukünftige Generationen etwas über die persönliche Geschichte ihres Vaters und über den Holocaust erfahren könnten.
Der Gürtel war der einzige Gegenstand, der Passah von seinem Leben vor dem Krieg geblieben war. Als er während des Krieges extrem an Gewicht verlor, machte er ein weiteres Loch hinein. Am Ende des Krieges wog er nur 42 kg. Dieser Gürtel von Pessach Smilg kam heute genau an dem Ort vorbei, an dem sein Besitzer inhaftiert war, und somit schließt sich der Kreis seiner Geschichte.
Doch dies ist nicht das einzige Stück, das seinen Weg heute nach Dachau machte. Unter den zahlreichen Objekten aus Yad Vashem befand sich auch eine Nachbildung von Hellmut Bachrach-Barées „KZ Leute auf dem Marsch, Dachau nach Tölz”.
Hellmut Bachrach-Barée wurde 1898 in München als Sohn des Künstlers Emanuel Bachrach-Barée geboren. Mit dem Aufstieg der Nazis an die Macht wurden Hellmut und sein Vater von der Arbeit als Künstler ausgeschlossen. Im November 1944 wurde Hellmut in München festgenommen und in zwei Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald deportiert. Mit der Auflösung der Lager Anfang April 1945 wurde er nach Buchenwald geschickt, wo er sich dem Todesmarsch von rund 4500 Gefangenen nach Dachau anschloss. Im Mai kamen die Gefangenen in Bad Tölz an. Nach dem Sieg der Alliierten wurde er befreit und kehrte nach München zurück.
Hellmut Bachrach-Barée hielt seine Erfahrungen während der Todesmärsche in Zeichnungen fest. Da es so gut wie keine visuellen Zeugnisse dieses Todesmarsches gibt, legen diese Zeichnungen nicht nur über seine persönlichen Erfahrungen Zeugnis ab, sondern sind auch historisch von großer Bedeutung.
Die Geschichten von Pessach Smilg und Hellmut Bachrach-Barée sowie die Millionen Briefe, Dokumente, Fotografien, Artefakte und Kunstwerke, die in Yad Vashem aufbewahrt werden, sind ewige Zeugen der Schrecken des Holocaust. Einige dieser Gegenstände fanden heute ihren Weg zurück nach Dachau. Sie kehren zurück als Symbole des Überlebens und der Erinnerung.
Dieser Blog wird großzügig unterstützt von der Konrad-Adenauer-Stiftung