Ringelblum rekrutierte Menschen aus allen Bereichen des politischen, religiösen und ideologischen Spektrums der jüdischen Gesellschaft, um die Auswirkungen der deutschen Besetzung auf das Leben des Einzelnen und auf die jüdische Gesellschaft in Warschau und Umgebung zu dokumentieren.
Ringelblum und seine Kollegen betrachteten es als ihre wichtigste Mission, eine dokumentarische Infrastruktur zu schaffen, die eine Beschreibung des Schicksals der jüdischen Gesellschaft auf allen Ebenen liefern würde. Aus diesem Grund waren sie darauf bedacht, Zeugenaussagen zu sammeln, die die verschiedenen Perspektiven jüdischen Lebens im Warschauer Ghetto veranschaulichten. Sie suchten Erzieher auf und baten sie, Abhandlungen über jüdische Erziehung im Warschauer Ghetto zu schreiben, sammelten gleichzeitig aber auch Zeugenaussagen von Kindern, um deren Perspektive festzuhalten. Unter den dokumentarischen Materialien finden sich Texte, die von Männern und Frauen, Orthodoxen und Freidenkern, Philosophen und einfachen Menschen geschrieben wurden und die Vielfalt und Lebenskraft der jüdischen Gesellschaft im Warschauer Ghetto reflektieren.
Obwohl sich das Oneg Schabbat-Archiv in erster Linie mit dem Schicksal der Warschauer Juden befasste, umfasst es auch Dutzende von Berichten und Zeugenaussagen, die das Schicksal von Juden in ganz Polen dokumentieren. Eine beträchtliche Anzahl dieser Dokumente konnte dank der Beteiligung von Mitgliedern des Archivs an den Selbsthilfe-Aktivitäten im Ghetto gesammelt werden, durch die sie die Flüchtlingsbevölkerung im Ghetto kennenlernten. Im Laufe ihrer Arbeit mit den Flüchtlingen, die die Stadt bevölkerten, sammelten sie Zeugenaussagen. Parallel dazu wurden detaillierte Berichte über Ereignisse verfasst, die sich während des Krieges an anderen Orten abspielten.
Mit der Zeit begann das Archiv, auch Dokumente aufzubewahren, die von den offiziellen Institutionen des Ghettos veröffentlicht wurden, zusammen mit Befehlen und Erlassen der deutschen Behörden. Zusätzlich verwahrte das Archiv zahlreiche Exemplare der offiziellen und Untergrund-Zeitungen, die im Ghetto veröffentlicht wurden und vergrub Dutzende von Fotos sowie eine Anzahl von Kunstwerken.
Die Mitarbeiter des Oneg Schabbat hatten beabsichtigt, gegen Ende 1941 das gesamte Material in ein geordnetes Format zu bringen, doch angesichts der Berichte über den Mord an den polnischen Juden, die ins Ghetto durchdrangen, änderten sie ihre Pläne. Die Nachrichten veranlassten die Mitarbeiter des Archivs, sich auf das Sammeln von Dokumenten zu konzentrieren, die mit Deportation und Vernichtung zu tun hatten, um diese Informationen den Juden im Ghetto zur Kenntnis zu bringen und Wege zu finden, die freie Welt auf sie aufmerksam zu machen. Ihre Arbeit hörte selbst dann nicht auf, als Hunderttausende Juden - einschließlich mehrerer Mitglieder des Archivs - im Sommer 1942 aus dem Warschauer Ghetto nach Treblinka deportiert wurden. Während dieser Tage wurden alle bis dahin zusammengetragenen Dokumentationsmaterialien in unterirdischen Verstecken verborgen, und im Januar und April 1943 vergrub man weitere Teile des Archivs. Tragischerweise fand man nach dem Krieg nur die ersten beiden Teile. Sie werden im Jüdischen Historischen Institut in Warschau aufbewahrt und stellen eine der wichtigsten Sammlungen von Dokumentationsmaterial zum Schicksal des polnischen Judentums im Holocaust dar.
Die vielen Dokumente, die von den Mitarbeitern des Archivs gesammelt wurden, legen ein lebendiges Zeugnis sowohl von der Tiefe des Leids unter der Nazi-Besatzung als auch von der reichen Lebensqualität der polnischen Juden insgesamt und der Warschauer Juden im Besonderen ab. Sie demonstrieren, dass die Juden im Warschauer Ghetto trotz des Hungers, der Überfüllung und der ständigen Not ein reiches spirituelles Leben führten. Trotz der Schließung politischer, sozialer und kultureller Institutionen und der vielen Erlasse gegen die jüdische Bevölkerung waren Religion und Kultur wie auch politischer Aktivismus und die Mitgliedschaft in verschiedenen Bewegungen wesentliche Bestandteile ihres Lebens. Gleichzeitig bezeugen sie den unbezwingbaren Geist der Archiv-Mitarbeiter, die so ungeheure Anstrengungen unternahmen, um sicherzustellen, dass künftige Generationen ein korrektes Bild jüdischen Lebens während des Holocaust haben würden.