Besucherinfo
Öffnungszeiten:

Sonntag bis Donnerstag: 9.00-17.00 Uhr
Freitags und an den Abenden vor einem Feiertag: 9.00-14.00 Uhr

Yad Vashem ist an Samstagen und jüdischen Feiertagen geschlossen.

Anfahrt nach Yad Vashem:
Hier finden Sie weitere Besucherinformationen >>>

Doppelte Verfolgung. Psychisch kranke und behinderte Jüdinnen und Juden im NS & inklusive Ansätze in der Geschichtsvermittlung - June 2022

Liebe Leserinnen und Leser,

herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe des Newsletters!

Auch in der Gedenkstättenlandschaft hat sich in den vergangenen Jahren die Erkenntnis durchgesetzt, dass die pädagogischen Konzepte und Ausstellungsformate inklusiv und barrierefrei gestaltet sein müssen, um eine emanzipatorische und selbstbestimmte Geschichtsvermittlung für Alle zu ermöglichen. Darüber, wie solche Konzepte aussehen können, und wie sie zeitnah und sinnvoll umgesetzt werden können, besteht jedoch oftmals einige Unsicherheit. Gerade weil die damit verbundenen Veränderungsprozesse und Auseinandersetzungen mitunter schleppend und kompliziert verlaufen, ist es wichtig, auch untereinander in Kontakt zu treten, und sich über Ideen und Konzepte, Schwierigkeiten und Erfolgsgeschichten auszutauschen. Auch wir am German Desk haben es uns zum Ziel gemacht, künftig einen Schwerpunkt auf Inklusion und Barrierefreiheit zu setzen, unsere bereits existierenden Angebote entsprechend anzupassen und weiterzuentwickeln, und neue Konzepte und Materialien zu konzipieren. In diesem Sinne haben wir diesen Schwerpunkt zu unserem Jahresthema für das Jahr 2022 gemacht und ihm sowohl den aktuellen Newsletter, als auch das diesjährige Online-Vertiefungsseminar für unsere Graduierten und interessierte Multiplikator*innen gewidmet. 

Unsere Autor*innen geben in ihren Beiträgen einen differenzierten und multiperspektivischen Einblick in aktuelle Debatten und Entwicklungen aus Theorie und Praxis. In ihrem einleitenden Artikel fragt Marianne Hirschberg, welche Barrieren in der Geschichtsvermittlung konkret bestehen und gibt einen theoretischen Einblick, wie diese aktiv abgebaut werden können. Sie plädiert für die bewusste und durchdachte Entwicklung inklusiver Konzepte, um eine gleichberechtigte Partizipation aller gesellschaftlicher Gruppen an Angeboten und Projekten zu realisieren. 

Wie jene Konzepte am historischen Ort in die Praxis umgesetzt werden können zeigt Markus Rachbauer, Mitarbeiter am Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, in seinem Beitrag. Am Beispiel Hartheim erläutert er, wie in der (pädagogischen) Arbeit in Gedenkstätten und Ausstellungen aktiv Barrieren abgebaut und neue Konzepte entwickelt werden müssen und können, um eine inklusive Lernumgebung zu schaffen und damit allen Besucher*innen eine positive und fundierte Lernerfahrung zu ermöglichen.

In einem Interview mit dem Regisseur Itamar Wexler gibt dieser einfühlsame und detaillierte Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Dokumentarfilms „The Voyage“, der eng mit der eigenen Familiengeschichte des Machers verknüpft ist. In dem Film erzählt Wexler die Geschichte seiner Großmutter, die von den Nationalsozialisten im Rahmen der sog. Aktion T4 ermordet wurde, und deren Schicksal innerhalb der Familie lange Zeit nur bruchstückhaft und teilweise verfälscht tradiert wurde. 

Wir freuen uns, darüber hinaus auch zwei konkrete inklusive pädagogische Projekte vorstellen zu können, die von ehemaligen Teilnehmer*innen unserer Seminare und mit Bezug zu unserem pädagogischen Konzept entwickelt wurden:

Urban Philippek, Konrektor an der Elly-Heuss-Knapp-Realschule in Köln, stellt in seinem Artikel ein Projekt seiner Schüler*innen vor, das 2020 mit dem Margot-Friedländer-Preis ausgezeichnet wurde. Mit den „Bilderbüchern gegen das Vergessen“ haben die Jugendlichen Dokumente geschaffen, in denen anhand von autobiografischen Texten, selbstgemalten Bildern und altersgerechten Kontextinformationen die Geschichten einzelner Überlebender erzählt werden und darüber auch allgemeines Wissen über den Holocaust vermittelt wird.

Johanna Joehnck vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg stellt außerdem ein Projekt vor, das jüngst in Kooperation mit der Norddeutschen Hörbücherei e.V. realisiert werden konnte: Seit Kurzem steht unser Buch „Gern wäre ich geflogen – wie ein Schmetterling“ auch als Version in Braille-Schrift und als Hörbuch kostenlos zur Verfügung. Parallel dazu wird außerdem gerade eine inklusive Unterrichtseinheit zu dem Buch entwickelt, die noch in diesem Jahr in die erste Erprobungsphase gehen soll.

Schließlich steht am Ende des Newsletters ein Überblick über Neuigkeiten aus dem Desk für die deutschsprachigen Länder, über neu entwickelte Materialien und anstehende Termine.

Gerne weisen wir auf die 2. Jüdischen Filmtage im Abaton am 6.7.2022 hin, gezeigt wird "Die Reise" von Itamar Wexler. 

Das Team des German Desk wünscht allen Leser*innen eine erholsame Sommerpause. Wir freuen uns, auch im kommenden Schuljahr mit vielen von euch und Ihnen in Kontakt zu bleiben – sowohl online als auch offline.
Mit diesem Newsletter verabschiede ich mich gleichzeitig in die Elternzeit. Ich bedanke mich für ein spannendes und anregendes (Schul-) Jahr und freue mich bereits darauf, nach meiner Rückkehr an alte Projekte, Kontakte und Diskurse anzuknüpfen.
Wie immer freuen wir uns über Kommentare und Feedback.
Ihre Anne Lepper
Repräsentantin der Sektion Deutschsprachige Länder
Overseas Education and Training Department
The International School for Holocaust Studies, Yad Vashem

Grundlegende Überlegungen zum Zugang zu einer inklusiven Geschichtsvermittlung für alle

Grundlegende Überlegungen zum Zugang zu einer inklusiven Geschichtsvermittlung für alle

Marianne Hirschberg 
Prof. Dr. Marianne Hirschberg leitet seit 2020 das Fachgebiet Behinderung, Inklusion und Soziale Teilhabe an der Universität Kassel. Vorher hatte sie Professuren an der Hochschule Bremen und der Hochschule Emden inne. Von 2009-2012 war sie an der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte als sozialwissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Im Wintersemester 2021/22 war sie an der Hebrew University zu einem Rechercheaufenthalt für ein Forschungsprojekt zur Lebenssituation und Widerstand jüdischer behinderter und psychisch...
Lesen Sie mehr...
Inklusive Angebote im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim

Inklusive Angebote im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim

Markus RachbauerMarkus Rachbauer, geb. 1979, studierte Politikwissenschaft in Salzburg. Er ist Mitarbeiter im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim und hier u.a. für pädagogische Aufgaben zuständig. Seine Forschungsschwerpunkte sind die NS-„Euthanasie“, Medizingeschichte und Zwangsarbeit.
Lesen Sie mehr...
Interview mit Itamar Wexler: The Voyage

Interview mit Itamar Wexler: The Voyage

Itamar Wexler, geb. 1951 im Kibbuz Maagan-Michael in Israel, studierte Bildende Kunst am Avni Institute for Art & Design und Kunstgeschichte an der Universität Tel Aviv. Er initiierte, kuratierte und gestaltete Ausstellungen für Institutionen wie das Israel Museum, den Israelischen Rat für Kultur und Kunst, das "Massuah"-Institut für Holocauststudien und viele andere. Bis vor kurzem war er Designer und visueller Berater für das Cameri Theater in Tel Aviv. Er ist Gründungsmitglied des Institute of Israeli Drama. "The Voyage" ist sein erster Dokumentarfilm in voller...
Lesen Sie mehr...

Neues vom German Desk

BildungsmaterialienAntisemitische Äußerungen im Unterricht haben in den vergangenen Jahren in Deutschland sichtbar zugenommen. Vielfach wurden wir deshalb von Lehrkräften kontaktiert, die nach konkreten Materialien und Instrumenten suchten, um das Thema Antisemitismus an ihren Schulen zu behandeln. Yad Vashem hat nun in Kooperation mit dem Zentrum für Prävention und Empowerment ein solches Tool für den Unterricht entwickelt. Der Workshop „Antisemitismus? Gibt’s hier nicht. Oder etwa doch?" steht interessierten Lehrer*innen nun auf unserer Website zum Download bereit. Das...
Lesen Sie mehr...