Ludwig Wörl
Deutschland
Ludwig Wörl (1906-1967) verbrachte elf Jahre seines Lebens als politischer Gefangener in Konzentrationslagern der Nazis.
Zuerst wurde er 1934 von der Gestapo verhaftet und nach Dachau geschickt, weil er in München ein Flugblatt verteilt hatte, das die Schrecken des Lagers beschrieb. Nachdem er etwa neun Monate in einer dunklen Isolationszelle verbracht hatte, wurde er zunächst in die Tischlerei des Lagers verlegt und später als ausgebildeter Krankenpfleger in die Krankenstation des Lagers. 1942 schickte man ihn mit siebzehn anderen Krankenpflegern nach Auschwitz, um einen Ausbruch von Typhus, der nicht nur die Häftlinge sondern auch das deutsche Lagerpersonal bedrohte, unter Kontrolle zu bringen.
Zum Lagerältesten der Krankenhaus-Baracken ernannt, beschäftigte Wörl entgegen den ausdrücklichen Anordnungen der SS jüdische Ärzte und bewahrte sie so vor dem sicheren Tod. Er gefährdete sich selbst bei dem Versuch, ausreichende Mengen von Medikamenten und medizinischen Gerätschaften zu beschaffen, um die Kranken zu behandeln, und er fälschte lange Selektionslisten, um jüdische Patienten vor dem Tod in den Gaskammern zu retten. Da er konsequent die Befehle der SS-Ärzte unterlief, die darauf abzielten, die Anzahl der Kranken zu dezimieren, wurde Wörl seines Postens enthoben und erneut in eine Isolationszelle gesperrt. Nach einiger Zeit wurde er entlassen und aufgrund seiner Staatsangehörigkeit und seines Alters nach Güntergrube, einem Arbeitslager bei Auschwitz, geschickt. Auch hier übte Wörl entscheidenden Einfluss auf das Schicksal der jüdischen Häftlinge aus. Er schützte die sechshundert jüdischen Häftlinge vor Misshandlung durch sadistische deutsche Kapos und achtete darauf, dass sie ihren gebührenden Anteil an Nahrung und Kleidung bekamen. Selbst Gefangenen, die an Tuberkulose erkrankt waren, gelang es zu überleben, weil Wörl sie von harter Arbeit freistellte und sie durch verschiedene Vorwände vor der Inspektion durch SS-Ärzte beschützte. Zur Zeit der Evakuierung von Auschwitz half er Gefangenen, den berüchtigten Todesmärschen zu entkommen. Nach dem Krieg widmete sich Wörl als Vorsitzender der Vereinigung ehemaliger Auschwitz-Häftlinge in Deutschland der Mahnung an die Verbrechen der Nazis und der Strafverfolgung der Täter. 1963 trat er als einer der Hauptzeugen im Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main auf.
Am 19. März 1963 wurde Ludwig Wörl von Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ anerkannt.