Gustav und Alfred Flatow
Die Cousins Gustav und Alfred Flatow vertraten Deutschland bei den Olympischen Spielen. Sowohl Gustav als auch Alfred wurden in Theresienstadt ermordet.
Alfred Flatow wurde 1869 im preußischen Danzig (heute Gdansk, Polen) geboren. Sein Cousin Gustav Felix Flatow kam etwa sechs Jahre später in der benachbarten Stadt Berent (heute Kościerzyna, Polen) zur Welt. Gustav und Alfred vertraten Deutschland bei den ersten Olympischen Spielen 1896 in Athen. Vier Jahre später trat Gustav für Deutschland bei den Olympischen Spielen in Paris an.
Alfred gewann die Goldmedaille im Einzelwettbewerb am Barren und die Silbermedaille am Reck. Außerdem gewann er zwei Goldmedaillen als Teil der Turnmannschaft am Barren und Reck. Darüber hinaus vertrat er Deutschland im 100-Meter-Lauf, Hochsprung, Stabhochsprung, Weitsprung, Dreisprung und Kugelstoßen sowie bei diversen Turnveranstaltungen. Vor seiner olympischen Karriere war Alfred Turnlehrer und nahm an Leichtathletik- und Gewichtheberwettkämpfen teil. Nach den Olympischen Spielen schrieb er Bücher über Gymnastik.
Alfreds Cousin Gustav Flatow gewann in der Turnmannschaft am Barren und Reck zwei Goldmedaillen. Er trat auch in anderen Disziplinen an, darunter Leichtathletik und Ringturnen, und diente als Tempomacher bei Radsportwettkämpfen. Gustav vertrat Deutschland erneut bei den Olympischen Spielen in Paris, im Kunstturnen und im Einzelmehrkampf. Aus seinem Häftlingsausweis von Theresienstadt geht hervor, dass Gustav im Ersten Weltkrieg als deutscher Reservesoldat (Landsturm) diente. Wie Alfred lebte auch Gustav später in Berlin und betrieb seinen Lebensunterhalt mit Textilien.
Mit der Machtübernahme der NSDAP in Deutschland 1933 floh Gustav in die Niederlande. Alfred, der in Turnorganisationen aktiv und Mitglied des Deutschen Olympischen Komitees war, blieb in Deutschland. 1936 wurde Alfred als Jude aus dem Olympischen Komitee ausgeschlossen. Im Vorfeld der Olympischen Spiele 1936 in Berlin wurde jedoch eine Ehrung der deutschen Olympiasieger organisiert, zu der Alfred eingeladen wurde. Doch mit der zunehmenden Ausgrenzung und Verfolgung zog Alfred 1938 ebenfalls in die Niederlande.
Trotz der deutschen Besetzung der Niederlande 1940, wurde Gustav vom Tragen des Gelben Sterns in Anerkennung seiner olympischen Leistungen befreit. Als die Deportation niederländischer Juden begann, tauchte Gustav unter. Alfred wurde verhaftet und am 3. Oktober 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort starb er im Dezember 1942 im Alter von 73 Jahren.
Ende 1943 wurde auch Gustav gefasst. Hochrangige deutsche und niederländische Sportler protestierten gegen seine Verhaftung, darunter Kurt Doerry, sein deutscher Mitstreiter bei den Olympischen Spielen 1896, aber im Februar 1944 wurde Gustav aus dem Durchgangslager Westerbork in den Niederlanden nach Theresienstadt deportiert. An den schlimmen Bedingungen im Ghetto – Hunger, Überfüllung und Krankheit – starb Gustav im Januar 1945. Er war 70 Jahre alt.
Gustavs Frau Margarete (née Lam), die zehn Jahre jünger war als er, wurde mit ihm im selben Transport deportiert und überlebte den Holocaust. Gustav und Margaret hatten zwei Kinder: Annie Amelia Beatrice (geb. 1908) und Stefan Siegbert (geb. 1916). Annie wurde im Mai 1944 ermordet. Stefan wurde zusammen mit seinen Eltern nach Theresienstadt deportiert und überlebte.
1996 gab die Deutsche Post anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Olympischen Spiele eine Briefmarke zum Gedenken an Alfred und Gustav Flatow heraus. 1997 benannte die Stadt Berlin eine Allee nahe des Olympiastadions nach den Cousins, ebenso wie eine Sporthalle.