In den Annalen öffentlichen Bewusstseins existiert in Bezug auf den Holocaust kein vergleichbares Ereignis neben dem Eichmann-Prozess. Der Prozess eröffnete den Diskurs über den Holocaust in historischer, pädagogischer, juristischer und kultureller Hinsicht - und zwar nicht nur in Israel und der jüdischen Welt, sondern im Bewusstsein aller Völker der Welt. Sechzehn Jahre nach dem Ende des Holocaust lenkte der Prozess die Aufmerksamkeit auf das Leid und die Qualen des jüdischen Volks.
Der Prozess setzte den ersten Eckpfeiler in einer jahrelangen Entwicklung, eines bis heute wirksamen Umschwungs in der Formung eines kollektiven Bewusstseins über den Holocaust in Israel und der Welt. Durch den ungeheuren Eindruck, den die persönlichen Aussagen der über hundert Zeugen hinterließen, die einberufen wurden, um aus ihrem persönlichen Blickwinkel über ihre Erfahrungen während des Holocaust zu erzählen, brach der Prozess die Ablehnung vieler Israelis und Juden auf, sich mit dem Holocaust auseinanderzusetzen. Der enorme Nachhall, den der Prozess auslöste, bewirkte schließlich auch, dass den Überlebenden, die innerhalb der israelischen Gesellschaft lebten, mehr und bewusstere Aufmerksamkeit zuteil wurde. Vor dem Prozess hatten sie kaum oder nur zögerlich ihre persönliche Geschichte erzählt, da sie bei vielen Israelis, vor allem jenen, die bereits im Land geboren waren, fehlende Offenheit oder gar Unwillen verspürt hatten, ihnen zuzuhören.
Der Prozess brachte auch einen Wandel in die Haltung, die israelische Jugendliche dem Holocaust gegenüber einnahmen. Bis zum Prozess war der Holocaust für sie eine fernliegende und abstrakte Angelegenheit. Durch den Prozess wurde ihnen das Thema näher gebracht, eine Entwicklung, die in den 80er und 90er Jahren dazu führte, dass Schülergruppen nach Polen fuhren, um die Gedenkstätten der ehemaligen Lager und Ghettos aufzusuchen, und dass Jugendliche Aufsätze über ihre Herkunft und den Ursprung ihrer Familie schrieben. Nicht zuletzt durch den Eichmann-Prozess bildet nun der Holocaust einen integralen Bestandteil ihrer Identität als Israelis und als Juden.
Der Eichmann-Prozess kann auch als Auslöser für weitere wichtige Kriegsverbrecherprozesse betrachtet werden, deren bedeutendster wohl der Auschwitzprozess in Frankfurt am Main im Jahr 1963 war. In seiner Folge nahm die Nervosität unter anderen flüchtigen NS-Kriegsverbrechern zu, hauptsächlich in Südamerika. Nach Eichmanns Festnahme gelang es dem Mossad im Jahr 1965, Herbert Cukors in Paraguay zu töten, der die Vernichtung der Juden Lettlands geleitet hatte. Eine weitere Wirkung des Prozesses war, dass ehemalige NS-Verbrecher, die bis dahin eine aktive Funktion im Verwaltungsapparat oder im Kulturleben in Nachkriegsdeutschland innehatten, plötzlich ins Scheinwerferlicht gerieten. Der Sturm, der um Hans Globke und Kanzler Konrad Adenauer in Israel und der westlichen Welt tobte, kann diesem moralischen und juristischen Aspekt zugeschrieben werden, ebenso die Kampagne, die Israel gegen deutsche Wissenschaftler führte, die im Militärwesen in Ägypten tätig waren.
Im Zuge des Eichmann-Prozesses entstand eine reichhaltige Literatur: Bis heute wurden etwa 600 Werke unterschiedlichster Gattungen in verschiedenen Sprachen publiziert, ferner entstanden fast 100 Dokumentarfilme und mehrere Spielfilme zum Thema. Renommierte Dichter und Schriftsteller haben über den Prozess geschrieben, unter Ihnen Eli Wiesel, Primo Levi, Nathan Alterman und Haim Gouri. Der Prozess löste weltweit intellektuelle Kontroversen aus, die bekannteste unter Ihnen dürfte die Debatte um die journalistischen Berichte der Staatstheoretikerin Hannah Arendt sein.
Schließlich revolutionierte der Eichmann-Prozess den Status und die Bedeutung Yad Vashems als jener Institution, die dem Team, das den Prozess vorbereitete, die Grundlage seiner Forschungsarbeit bereitstellte. Seit dem Prozess entwickelte sich Yad Vashem zunehmend zu einer zentralen Stätte für Holocaustforschung und - gedenken in Israel und auf internationaler Ebene.