Gesangbuch aus der Mannheimer Synagoge
Das Gesangbuch schrieb Abraham-Arthus Kohn in Mannheim. Er war Kantor der Klaus-Synagoge und unterrichtete dort auch Hebräisch. Das Gesangbuch für Männer beinhaltete verschiedene Lieder, u.a. das Shabbat-Gebet „Lecha Dodi”.
In der Novemberpogromnacht wurde die Synagoge angezündet und ging in Flammen auf. Avraham war gerade auf seinem Weg zur Synagoge, als er gewarnt wurde, sich besser fernzuhalten. Kurze Zeit später wurde er mit dem Rest seiner Familie zu Hause festgenommen. Die Glaswaren der Familie wurden zertrümmert und ihre Wertsachen beschlagnahmt. Ihre Bücherregale wurden auf die Straße geschleudert und die ganze Familie musste zusehen, wie die Bücher verbrannt wurden. Die Familie Kohn wurde zur Polizeiwache in Mannheim gebracht. Avraham wurde in das Lager Dachau geschickt und kehrte nie in die zerstörte Synagoge zurück. Seine Frau Martha und ihre Kinder Shmuel, Yosef und Chana wurden ebenfalls festgenommen, aber kurze Zeit später wieder freigelassen.
Martha stellte die Ausreiseanträge aus Deutschland. Nach zehn Tagen in Dachau wurde Avraham freigelassen. Er ging direkt nach Hamburg, wo er mit seiner Frau und seinen Kindern wiedervereinigt wurde. Zwei Tage später bestiegen die Kohns das Schiff Cap Arcona und fuhren nach Uruguay. Von dort machten sie sich im Dezember 1938 auf den Weg nach Buenos Aires.
Shlomo Stein, ein Mitglied der Jüdischen Gemeinde Mannheim, und sein Bruder Josef, die beide die Familie Kohn kannten, retteten Avrahams Gesangbuch aus den Trümmern der zerstörten Synagoge. Die Stein-Brüder wanderten 1939 nach Eretz Israel (Britisches Mandatspalästina) aus und ließen sich im Kibbutz Shluchot nieder. Das Gesangbuch blieb ihnen etwa fünfzig Jahre lang erhalten. 1988 gelang es Shlomo Stein, Kontakt zu Verwandten des in den 1950er Jahren nach Israel eingewanderten Kantors Avraham Kohn aufzunehmen, und das aus der Glut der Mannheimer Synagoge gerettete Gesangbuch mit Noten wurde der Familie Kohn zurückgegeben.