Die Deportation der Würzburger Juden
Laut einem Bericht der Gestapo Würzburg vom 6. August 1943 wurden von November 1941 bis Juni 1943 2063 Juden aus Mainfranken in den Osten deportiert. Am 17. Juni 1943 wurden 64 Juden deportiert, die noch in der Stadt verblieben waren: sieben nach Theresienstadt und 57 nach Auschwitz.
Nach der letzten Deportation blieben nur 29 Juden in Würzburg zurück, darunter 14 Würzburger Bürger und 15 Juden, die aus umliegenden Ortschaften gebracht worden waren. 24 von ihnen waren mit Deutschen verheiratet und 5 waren „Geltungsjuden“ (Nachkommen aus „Mischehen“).
Die folgenden Fotografien zeigen zwei der Deportationen aus Würzburg.
- Erste Deportation – November
Frühe Morgenstunden des 27. November 1941: die erste Deportation von Juden aus Würzburg.
Seite aus einem Album mit 128 Fotos, die drei verschiedene Deportationen aus dem „Gau Mainfranken" (Bezeichnung für Unterfranken in Nazideutschland) dokumentieren: die Deportation von 202 Juden aus Würzburg am 27. November 1941, die Deportation von 208 Juden aus Kitzingen am 24. März 1942 und die Deportation von 852 Juden aus Würzburg am 25. April 1942. Die Fotos dokumentieren außerdem, dass zahlreiche Stellen an der Deportation beteiligt waren: die örtliche Polizei, die Gestapo, überörtliche und örtliche Vertreter der SS, außerdem Transporteure, Beamte und andere.
Die Fotos wurden von zwei deutschen Polizisten, Hermann Otto und Balthasar Lutz, für Michael Völkl, den Verantwortlichen für die Deportationen im Auftrag der Gestapo in Würzburg, aufgenommen und in ein Album eingeordnet. Anderen Beteiligten war es verboten, während der Deportationen zu fotografieren. Die Deportation wird im Album als „Evakuierung" bezeichnet.
Die Fotos im Album sind nicht immer in chronologischer Reihenfolge geordnet. Die handschriftliche Beschriftung unter einem Teil der Fotos ist von antisemitischem Charakter.
Das Album ist Teil einer Sammlung, die auch über 1200 Seiten offizielle Korrespondenz der Gestapo und der Landespolizeistelle in Würzburg enthält. Die Sammlung wurde im August 1947 von den Anklägern der Nürnberger Prozesse entdeckt und bei Kriegsverbrecherprozessen verwendet. Eine Kopie der Sammlung wurde im Eichmann-Prozess vorgelegt.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/57-64
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg
- Erste Deportation – November
26. November 1941: Kontrolle der Gepäckstücke der Würzburger Juden vor der Deportation.
Die Juden wurden einer Leibesvisitation unterzogen, um verborgene Wertgegenstände, Waffen, Gift, ausländische Valuta, Geld, Schmuck u.ä. aufzuspüren. Jeder Gegenstand wurde akribisch festgehalten. Jüdische Habseligkeiten, die vor der Deportation konfisziert worden waren, wurden auf einer Besitzliste notiert, die für die Finanzbehörden in Unterfranken angelegt worden war. Auf der Liste erscheinen unter anderem „ein Päckchen Kakao, ein Säckchen Kakao, diverse Süßigkeiten (Schokolade, Bonbons usw.), ein Päckchen Mühlenfrank [sic], ein Glas Honig, ein Säckchen Zucker, ein Etui mit Nagelschere, -feile usw., 15 Pakete Tabak, drei Beutel Tabak, eine Dose Tabak, vier Pfeifen, 74 Schachteln Zigaretten, 8 Zigarettenetuis mit Zigaretten, 5 Zigarettenetuis mit 45 Zigaretten," und mehr. (Yad Vashem Dokumentenarchiv, Abteilung Eichmann-Prozess, TR.3/1286)
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/11
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Erste Deportation – November
26. November 1941: Juden in Würzburg an der Sammelstelle, vor der Deportation.
Unter ihnen ist Heinrich Michel, der die Deportationsnummer 339 trägt. Michel, ein Schuster von Beruf, wurde 1911 in Würzburg geboren und war deutscher Staatsbürger. Auf der Liste des von den Juden konfiszierten Besitzes erscheint die Taschenuhr von Heinrich „Israel“ Michel als Artikel Nr. 11. Michel wurde in Riga ermordet. (Yad Vashem Dokumentenarchiv, Abteilung Eichmann-Prozess, TR.3/1286)
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/12
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Erste Deportation – November
26. November 1941: Juden in Würzburg an der Sammelstelle vor der Deportation.
Unter ihnen ist Wilhelm Reinstein (1.v.r.), der die Deportationsnummer 277 trägt. Reinstein, ein Ladenangestellter, wurde 1889 in Würzburg geboren. Auf der Liste des von den Juden konfiszierten Besitzes erscheint unter Artikel Nr. 7 ein silberner Ring mit Edelsteinen der Hausfrau Irma Sarah Reinstein, geb. Strauss, die 1895 in Würzburg geboren wurde, Deportationsnummer 278, anscheinend Wilhelm Reinsteins Ehefrau. Wilhelm und Irma Reinstein wurden in Riga ermordet. (Yad Vashem Dokumentenarchiv, Abteilung Eichmann-Prozess, TR.3/1286)
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/15
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Erste Deportation – November
26. November 1941: Deportation von Juden aus Würzburg.
Leibesvisitation und Untersuchung der Gepäckstücke jüdischer Frauen hinter dem Vorhang vor der Deportation.
Ende November 1941 wurden zum ersten Mal Juden aus Würzburg in den Osten deportiert. Am 27. November wurden sie in einem Passagierzug ins Lager Nürnberg-Langwasser transportiert und von dort aus am 29. November nach Riga (Lettland) deportiert. Dies war die erste Deportation von Juden aus Deutschland nach Riga. Die Deportierten wurden in das Lager „Jungfernhof" gebracht.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/70
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Erste Deportation – November
27. November 1941: Deportation von Juden aus Würzburg.
Juden werden zu Fuß von der Sammelstelle zum Hauptbahnhof Würzburg gebracht. Die Deportation wurde in der Dunkelheit in den frühen Morgenstunden durchgeführt. Die Juden mussten sich mit ihrem Gepäck am Vortag, dem 26. November zwischen 14:00 und 16:00 Uhr einfinden. Wer nicht zur rechten Zeit erschien, wurde von der Kriminalpolizei abgeholt. Siegfried Ramsfelder, einer der wenigen Überlebenden dieses Transports, erzählt, er habe sich nicht rechtzeitig eingefunden und sei von drei Personen, darunter zwei SS-Männer, abgeholt, geschlagen und zur Sammelstelle gebracht worden.
Auf diesem Transport wurden 1008 Juden deportiert: 516 aus Nürnberg, 202 aus Würzburg, 118 aus Bamberg, 46 aus Bayreuth, 25 aus Coburg, 4 aus Erlangen, 8 aus Forchheim und 89 aus Fürth. Dies war die erste Deportation von Juden aus Unterfranken in den Osten. Das Durchschnittsalter der Deportierten war 46 Jahre.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/8
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Erste Deportation – November
27. November 1941: Deportation von Juden aus Würzburg über Nürnberg nach Riga.
Juden steigen in die Waggons des Deportationszuges ein. Die Deportation wurde in der Dunkelheit in den frühen Morgenstunden durchgeführt. Der Zug erreichte etwa um 15:00 Nürnberg. Zwei Tage später wurden die Juden nach Riga deportiert. Auf diesem Transport wurden 1008 Juden deportiert, von denen 52 überlebten. Von den 202 Deportierten aus Würzburg überlebten 15. Nach Riga gelangten auf 20 Transporten etwa 20.000 Juden aus dem gesamten Reich. Etwa 600 von ihnen überlebten. Die Auflösung des „deutschen" Ghettos begann im August 1943. Im Dezember wurden die letzten 2000 Juden aus Riga nach Auschwitz verschickt.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/61
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Zweite Deportation – April
25. April 1942: Juden an der Sammelstelle am Platz'schen Garten in Würzburg vor ihrer Deportation in den Bezirk Lublin
Aus einem Fotoalbum der Deportation der Juden aus Franken. Die Bilder sind zum Teil mit antisemitischen Beschriftungen versehen.
Überschrift: „Evakuierung von Juden nach dem Osten, 25. 4.1942"
Unter den Fotos steht von Hand in Sütterlinschrift geschrieben:
„Truppweise findet sich die jüdische Mischpoche [Familie] in der Evakuierungsstelle ein"
„Der jüdische Tinnf [Tinnef] wird entladen"
„...je später der Tag, desto schöner die Gäste"
„... zu Fuß und motorisiert strömen die Juden herbei"Yad Vashem Fotoarchiv, 32-7900/27
Mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Würzburg - Zweite Deportation – April
22.-25. April 1942: Rosa Klein und ihr Baby Hanna im Platz'schen Garten – der Sammelstelle der Juden in Würzburg vor der Deportation.
In Theilheim (Kreis Schweinfurt) werden seit Beginn des 16. Jahrhunderts Juden erwähnt. 1933 lebten am Ort 550 Menschen, darunter 70 Juden. Rosa (geb. Kremer) wurde 1904 in dem kleinen Ort Poppenlauer geboren. Ihre Tochter Hanna wurde 1941 in Theilheim geboren.
Am 22. April 1942 wurde damit begonnen, die in der Umgebung von Würzburg verbliebenen Juden zu sammeln, um sie zu deportieren. In den frühen Morgenstunden kamen mit der Eisenbahn 31 Juden aus Theilheim an, unter ihnen Rosa und Hanna. Am 25. April wurden die beiden zusammen mit anderen Juden nach Krasnystaw im Bezirk Lublin (Polen) deportiert, und von dort aus mussten sie gemeinsam mit den übrigen Juden einen Fußmarsch nach Krasnyczyn antreten. Am Tag ihrer Ankunft in Krasnyczyn wurden die einheimischen Juden ermordet. Die Überlebenden des Transports aus Deutschland wurden allem Anschein nach am 6. Juni von Krasnyczyn nach Sobibor deportiert.
Rosa und Hanna wurden ermordet. Auf der Liste der Holocaustopfer aus Deutschland erscheint auch Siegfried Klein, geboren 1902 in Theilheim – wie es scheint, der Familienvater.
Im September 1942 wurden 9 der 12 letzten Theilheimer Juden nach Würzburg und von dort aus nach Theresienstadt deportiert.
Aus dem Album der Deportation der unterfränkischen Juden.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/97
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Zweite Deportation – April
22.-25. April 1942: Der fünfzehnjährige Walter Fechenbach, der einer Gruppe von Juden angehörte, die beim Tragen des Gepäcks der zu Deportierenden half. Fechenbach wurde am 23. September 1942 nach Theresienstadt deportiert und gehörte zu den wenigen, die überlebten.
Auf Anordnung der Gestapo Würzburg wurden zwischen dem 22. und dem 24. April 1942 etwa 800 Juden aus 19 Kreisen und 3 Bezirken (ca. 80 Wohnorten) im Platz'schen Garten zum Zweck der „Evakuierung" konzentriert. 78 Würzburger Juden wurde befohlen, sich am nächsten Tag dort einzufinden, und am 25. April, etwa um 15:00 Uhr, verließ der mit 852 Juden beladene Deportationszug Würzburg. Der Zug hielt in Bamberg, um 103 Juden aus dem Bezirk Bamberg aufzunehmen, und auch Juden aus Nürnberg und Fürth, die aus verschiedenen Gründen bei dem vorangegangenen Transport am 23. März nicht deportiert worden waren. Am 28. April erreichten die Deportierten Krasnystaw im Bezirk Lublin (Polen).
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/102
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Zweite Deportation – April
22.-25. April 1942: Dr. Sally Meyer führt im Platz'schen Garten, der Sammelstelle der Juden in Würzburg vor ihrer Deportation, eine Notoperation durch.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/104
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Zweite Deportation – April
22.-25. April 1942: Unter den Deportierten des 25. April 1942 waren auch 128 Juden aus Aschaffenburg.
Am 26. März 1942 schrieb Gustav Petri aus Aschaffenburg an die Gestapo Würzburg:
Auf Befehl Völks, des Beauftragten der Gestapo Würzburg für die Deportation, wurde die Eingabe am 27. März unter der Rubrik „Judenevakuierung" in die Akten aufgenommen, mit der Bemerkung, der Bitte könne nicht stattgegeben werden.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/53
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Zweite Deportation – April
25. April 1942: Deportation der Juden aus Würzburg.
Die Juden werden durch die Straßen Würzburgs zum Bahnhof getrieben. Davor wurden die Juden einer Leibesvisitation unterzogen, um verborgene Wertgegenstände, Waffen, ausländische Valuta, Geld und Schmuck aufzuspüren. Jedes einzelne Stück wurde akribisch notiert. Laut Dokumenten der deutschen Polizei wurde 852 Juden, die in Würzburg konzentriert worden waren, die Summe von 12.885 Reichsmark abgenommen.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/116
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg - Zweite Deportation – April
24. März 1942: Deportation der Juden aus Kitzingen.
Juden vor der Deportation werden durch die Straßen von Kitzingen zum Bahnhof getrieben. Aus einem Fotoalbum der Deportation der Juden aus Mainfranken. Schon im 12. Jahrhundert gab es in Kitzingen eine organisierte jüdische Gemeinde. 1933 lebten am Ort 360 Juden bei einer Gesamtbevölkerung von 10.000 Bürgern. Vor der Deportation kamen aus Nachbargemeinden weitere Juden nach Kitzingen. Im Frühjahr 1942 begann die Deportation der Kitzinger Juden. Am 22. September 1942 verblieben in Kitzingen nur noch zwei Juden, darunter eine Frau, die mit einem „Arier" verheiratet war.
An den beiden Tagen, die der Deportation vorausgingen, wurden Juden aus dem Bezirk Kitzingen und Ochsenfurt im Hotel „Fränkischer Hof" konzentriert. Sie wurden mit der Eisenbahn nach Nürnberg verschickt und von dort aus nach Izbica im Bezirk Lublin deportiert. Auf diesem Transport waren etwa 1000 Juden, darunter 208 aus Kitzingen und Umgebung (unter ihnen 24 Juden aus Würzburg), 426 aus Nürnberg und 228 aus Fürth.
Yad Vashem Fotoarchiv, 7900/110/3-11
Mit freundlicher Genehmigung des Staatsarchivs Würzburg -
Ein zusammenfassender Bericht der Gestapo Würzburg über die Deportation von 2063 Juden in den Osten von November 1941 bis Juni 1943.
Yad Vashem, Dokumentenarchiv, Abteilung Eichmann-Prozess, TR.3/1287
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