Ein Lied aus dem Ghetto Lodz. Das Lied wurde ursprünglich von dem bekannten Straßensänger des Ghettos, Jankele Herschkowitz (1910-1972) geschrieben und gesungen.
Auf der vorliegenden Aufnahme singt Naphtali Friedmann.
Der Text des Liedes wurde in jiddischer Sprache in dem Buch „Der Gesang fun Lodzer Geto“ („Der Gesang des Ghettos Lodz“, S. 17-18, Hrsg. Jossl Weissblatt) veröffentlicht, das 1994, viele Jahre nach Herschkowitz‘ Tod, in Paris herauskam und in dem ein Teil seiner Lieder erschien. Eine andere Version des Liedes erschien in „Singing for Survival: Songs of the Lodz Ghetto” („Singen, um zu überleben: Lieder aus dem Ghetto Lodz“; University of Illinois Press, 1992; S. 61-66) von Gila Flam, die Text und Melodie nach der Wiedergabe durch einen Überlebenden des Ghettos Lodz, Jakob Rotenberg, niederschrieb, die sie 1984 aufgenommen hatte.
Das Lied erzählt, wie im Gewand dreier Leichen, die auf einem Wägelchen zum Friedhof gebracht werden, Mehl gestohlen wird. Die Diebe werden gefasst und ins Ghetto-Gefängnis geworfen. Dieser Fall wurde auch in der Chronik des Ghettos Lodz dokumentiert. Das Lied besingt den Einfallsreichtum der Diebe, der mit wachsendem Hunger zunahm.
Der Refrain beschreibt die „guten Zeiten“ im Ghetto. Der Verfasser verwendet Begriffe des „Guten“ und meint das „Schlechte“ – verwendet schwarzen Humor und Ironie. In der dritten Strophe erzählt der Sänger von den Ausmaßen des Lebensmitteldiebstahls im Ghetto. Jeder stiehlt, jeden Tag. Das Essen besteht eigentlich nur aus „shirayim”, Überbleibseln, und selbst die sind nicht zu kriegen. In der vierten Strophe erzählt der Sänger von der Ankunft des Frühlings, dem Schawuot - (Wochen-) Fest und den grünenden Feldern. Daraus folgt, dass das Lied im ersten Sommer des Ghettos, im Jahre 1940, geschrieben wurde. Im Ghetto jedoch geht man, anstatt in den Urlaub zu fahren, nach Marysin. In Marysin, dem grünen Bezirk von Lodz, liegt der Friedhof. Am Ende dieser Strophe gibt sich der Sänger zu erkennen und stellt sich vor: „Jakow ist mein Name“. Das Lied endet mit der pessimistischen Vorhersage, dass der Krieg erst dann enden wird, wenn er, Jakow, bereits im Grabe liegt. Ein so pessimistisches Ende war nicht typisch für Straßenlieder, und vielleicht wurde es später hinzugefügt.
Die Melodie ist die eines anderen jiddischen Lieds, „Wu nemt men Parnosse?“ („Wo kann man was verdienen?“) und verwendet typisch jüdisches Ton- und Motivmaterial.
Oy iz undzer lebn haynt
Farbitert zeyer, gel.
Franshikaner gas aroysgeganvet
Dray zek mel.
S'khapt kholere,
An afere,
Ale arestirt.
Dray zek mel
Hot men mit di agole aroysgefirt.
S'iz kaydankes keytn,
S'iz gute tsaytn,
Keyner vet zikh do nisht shemen
Ale viln haynt nor nemen
Abi nor zayn zat.
Nekhtn a levaye
Gevezn a geshrey,
Mit agole ganovim zikh
Gegebn a gutn drey.
Mentshn neysim zenen
far shrek gevorn gel
S'iz keyn meysim gor gevezn
Nor dray zek mel.
S'iz kaydankes kaytn…
S'ganvet moyshe, s'ganvet khayim,
S'ganvet oykh nisl,
Mit yadayim nemt men shirayim
Fun di kools shisl.
Oykh fesl fun dem kesl
Nemt oykh arop.
Yedn tog gist men vaser-
Dos iz undzer zup.
S'iz kaydankes kaytn
S'iz shoyn bald shvues
Kolerave grin,
Anshtot keyn vishniyave gere
Fort men keyn marishin.
Vi ikh heys, vilt ir visn?
Yankev iz mayn nomen.
In keyver arayn vet men undz zogn
Az es iz shoyn nokh der milkhome.