Johanna Eck
(Deutschland)
Von 1942 bis zum Ende des Krieges versteckte die Kriegerwitwe Johanna Eck (1888-1979) nacheinander vier Opfer der Naziverfolgung. Zwei von denen, die bei ihr zu Hause Zuflucht fanden, waren Juden. Mit der Familie des ersten, Heinz Guttmann, war Frau Eck vor dem Krieg viele Jahre lang bekannt gewesen. Heinz Guttmanns Vater Jakob und Johanna Ecks Ehemann waren im Ersten Weltkrieg Waffenkameraden gewesen.
1942 wurden Jakob, seine Frau und seine Kinder in den Osten deportiert, von wo sie nie zurückkehrten. Der junge Heinz war der einzige, dem es gelungen war, der Festnahme zu entgehen. Er ging ziellos durch die Straßen, ohne einen Plan, ohne eine Unterkunft und ohne Essenskarten. Alle, an die er sich wandte, weigerten sich, irgendetwas mit einem jüdischen "Illegalen" zu tun zu haben, aus Angst, gefasst zu werden. Von allen seinen nicht-jüdischen Bekannten war es nur Johanna Eck, die ihm in diesem schwierigen Moment beistand, ihm in ihrer Wohnung Zuflucht bot und ihre magere Essenszuteilung mit ihm teilte. Manchmal blieb sie mehrere Tage lang weg, um von vertrauenswürdigen Freunden zusätzliche Essensrationen zu erbitten. Als im November 1943 das Haus bei einem Luftangriff zerstört wurde, nahm Frau Eck es auf sich, ein neues Versteck für Heinz zu suchen. Auch als er nicht mehr bei ihr wohnte, blieb sie in engem Kontakt mit Heinz und versorgte ihn von Zeit zu Zeit mit Essenskarten, und als dies notwendig wurde, mit lebenswichtigen Kontakten.
Durch die Vermieterin Heinz Guttmanns, Frau M., lernte Frau Eck Elfriede Guttmannn (nicht mit Heinz verwandt) kennen, eine junge Frau, die sich bei ihr in der Wohnung versteckte. Im Dezember 1943 durchsuchte die Gestapo Frau M.s Haus. Elfriede, die sich unter einem Bett versteckt hielt, entkam nur knapp der Entdeckung. Von diesem traumatischen Erlebnis erschüttert, besuchte das jüdische Mädchen Frau Eck und erzählte ihr, was vorgefallen war. Frau Eck, der in der Zwischenzeit eine Einzimmerwohnung zugeteilt worden war, willigte sofort ein, ihr Zuflucht zu gewähren.
Eines Tages, als sie in einer Bäckerei anstanden, wurde Elfriede von einem gleichaltrigen Mädchen herzlich begrüßt. Es stellte sich heraus, dass dies Erika Hausmann war, eine ehemalige Klassenkameradin, die auf die selbe Schule in Mühlhausen/Ostpreußen (heute Młynary in Polen) gegangen war. Erika Hartmann war tief berührt vom Schicksal des jüdischen Mädchens und empfand den starken Wunsch, ihr zu helfen. Sie gab Elfriede einige ihrer "arischen" Papiere, einschließlich einer Arbeitsdienstbescheinigung.
Dies erwies sich schon bald als äußerst wertvoll. Als in der Nacht des 30. Januar 1944 alliierte Flugzeuge katastrophale Zerstörungen in Berlin anrichteten, nutzte Eck das daraus folgende Chaos aus, um Elfriede bei der Polizei als Erika Hartmann registrieren zu lassen, deren Haus und persönliche Dokumente bei dem jüngsten Luftangriff vernichtet worden seien. Durch Täuschungsmanöver dieser Art gelang es ihr, die Existenz des jüdischen Mädchens zu legalisieren und sie offiziell als Untermieterin in ihrer Wohnung registrieren lassen. Elfriedes Ende war tragisch.
Das jüdische Madchen, das die Schrecken des Krieges überstanden hatte, ohne Schaden zu nehmen, erlag kurz nach der Befreiung einer plötzlichen Magenverengung. Elfriede starb im Juni 1946, am Vorabend ihrer geplanten Auswanderung in die Vereinigten Staaten. Johanna Eck, eine ausgebildete Krankenschwester, saß bis zu ihrem Tod an ihrem Bett. Später erkundigte sie sich bei der jüdischen Gemeinde nach den Namen der Eltern und des Bruders Elfriedes, die ermordet worden waren, und ließ sie auf den Grabstein setzen, den sie auf eigene Kosten auf dem Friedhof Weissensee hatte auftellen lassen. Befragt nach ihren Motiven, antwortete sie folgendermaßen:
„Die Motive für meine Hilfe? Nichts Besonderes. Grundsätzlich denke ich so: Ist mein Mitmensch in einer Notlage und ich kann ihm beistehen, so ist das eben meine verfluchte Pflicht und Schuldigkeit. Unterlasse ich diese Hilfe, so erfülle ich eben nicht die Aufgabe, die das Leben – oder vielleicht Gott? – von mir fordert. Die Menschen, so will es mir scheinen, bilden eine große Einheit, und wo sie einander Unrecht tun, schlagen sie sich selbst und allen ins Gesicht. Dies sind meine Motive.“
Am 11. Dezember 1973 wurde Johanna Eck von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern anerkannt.