Lois Gunden
(Vereinigte Staaten)
1941 kam die sechsundzwanzigjährige Lois Gunden, eine amerikanische Französischlehrerin aus Goshen, Indiana, nach Südfrankreich, um für das Mennonitische Zentralkomitee zu arbeiten. Fern ihrer Heimat wurde sie zur Retterin von Kindern anderer Nationalität, Religion und Abstammung.
Gunden schloss sich der mennonitischen Organisation Secours Mennonite aux Enfants in Lyon an und wurde beauftragt, in Canet-Plage am Mittelmeer ein Kinderheim einzurichten. Das Kinderzentrum wurde zum Zufluchtsort für spanische Flüchtlingskinder und für jüdische Kinder, die aus dem nahegelegenen Internierungslager Rivesaltes hinausgeschmuggelt worden waren. Eines dieser Kinder war Ginette (Drucker) Kalish (geb. 1930) aus Paris. Im Juli 1942 war Ginettes Vater nach Auschwitz deportiert worden, doch Ginette und ihrer Mutter war es gelungen, sich vor der Polizei zu verstecken. Sie waren nach Südfrankreich geflohen, jedoch im Zug festgenommen und nach Rivesaltes gebracht worden. Dort hatte Lois Gunden Ginettes Mutter angesprochen und sie inständig gebeten, ihr zu erlauben, das Kind aus dem Lager herauszunehmen. Die Mutter hatte zunächst gezögert, aber als Gunden sie davon überzeugte, dass Ginette unter ihrer Fürsorge sicherer wäre, hatte sie eingewilligt, sich von ihrem Kind zu trennen. „Damals war ich 12 und hatte sicherlich Angst“, erzählte Ginette Kalish Yad Vashem, „aber Lois Gunden war freundlich und leidenschaftlich entschlossen, mich und andere jüdische Kinder aus Rivesaltes wegzubringen, um sie vor Schaden zu bewahren... Ich erinnere mich, dass Lois Gunden freundlich und großzügig war und sich besondere Mühe gab, uns in die Gemeinschaft der anderen Kinder zu integrieren. Keinem der anderen Kinder wurde gesagt, dass wir Juden seien.“
Gunden führte ein Tagebuch, in dem sie ihre Aktivitäten beschrieb, die großen Mut, Einfallsreichtum und Intuition zeigten. Eines Morgens, als die Kinder auf einer Wanderung waren, kam ein Polizist ins Zentrum, um drei der jüdischen Kinder festzunehmen: Louis, Armand und Monique Landesmann. Lois Gunden sagte, die Kinder würden erst mittags zurückkehren. Am Mittag tauchte der Polizist wieder auf und forderte Lois auf, die Sachen der Kinder zu packen und sie für die Abreise fertigzumachen. Diesmal behauptete Lois, ihre Wäsche würde gerade gewaschen und wäre erst am späten Nachmittag trocken. Den ganzen Tag lang betete Lois um Weisheit und Führung und um die Sicherheit der drei Kinder. Der Polizeibeamte kehrte nie zurück. Die Kinder waren gerettet.
Im November 1942 besetzten die Deutschen Südfrankreich, und die Vereinigten Staaten traten in den Krieg ein. Obwohl sie nun als „feindliche Ausländerin“ klassifiziert war, leitete Gunden weiterhin das Kinderzentrum. Im Januar 1943 wurde sie von den Deutschen festgenommen, 1944 aber in einem Gefangenenaustausch freigelassen. Sie kehrte nach Indiana zurück und heiratete 1958 einen Witwer, Ernest Clemens. Eigene Kinder hatte sie nicht, bekam jedoch durch ihre Heirat eine Stieftochter. Lois lehrte zunächst am Goshen College, später an der Temple University in Philadelphia Französisch. Außerdem hatte sie verschiedene Ämter in der Mennonitischen Kirche inne.
Am 27. Februar 2013 wurde Lois Gunden von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern anerkannt.