Eine kulturelle Veranstaltung im Lager, die Lili für ihre Freunde organisierte.
Lili (Alice) Kasticher kam 1923 im jugowslaischen Novi Sad zur Welt. Mit 24 Jahren wurde sie von Ungarn nach Auschwitz deportiert, nachdem sie bei einem Einsatz der Widerstandsbewegung gefasst worden war. Von Auschwitz wurde sie in das Lager Oberhohenelbe im Sudetenland verschleppt. Einmal in zwei Wochen wurde den Frauen erlaubt, etwas für ihre persönliche Hygiene zu tun, ihre Sachen zu waschen und gegen die Lausplage vorzugehen. Während dieser Zeit organisierte Lili eine Art „Kulturnachmittag“, an denen um die zwanzig Frauen teilnahmen. Sie veranstalteten Mal-, Gedicht- und Kurzgeschichtenwettbewerbe. Auf einer Bühne aus zwei Kisten trugen sie Rezitationen und Satiren vor, debattierten, formten Skulpturen aus Kartoffeln, erfanden Melodien zu ihren Gedichten, sangen Lieder und träumten von der Befreiung. Die Arbeiten wurden nummeriert, um die Frauen keiner Gefahr auszusetzen. Lili verbarg die Blätter mit Gedichten und Bildern in ihrer Bluse. Als sie 1948 nach Israel emigrierte, nahm sie sie mit. Die meisten Frauen überlebten. Lili starb im Jahr 1973
Mir ging es nur um Eines: Ich wollte die jüdischen Frauen ermutigen, nicht aufzugeben, den Kopf nicht hängen zu lassen, nicht pessimistisch zu sein und durchzuhalten.
„Morgen wird kommen" / Vali Garai
… Plötzlich sehe ich klar, noch schöner,
meine Augen tun sich auf und sehen das Wunder.
Eine neue Welt…
… in dieser wunderbaren neuen Welt, sehe ich junge Frauen,
mit blondem, braunem oder schwarzem Haar, wunderschöne junge Frauen
hinter den Gitterstäben sind ihre Gesichter
voll herber Traurigkeit, Feuer brennt in ihren Augen…
… doch dann, nach einem Moment
verschwinden die Gitterstäbe!
Fröhliche Mädchen tanzen,
erfreuen sich an der neuen Welt,
Jede Blume ein Wunder,
in der ersehnten neuen Welt!
… Sie heben den Blick, sie schauen freundlich zurück
für einen Moment: keine hasserfüllten Augen
und die Menschen der neuen Welt rufen und locken:
Mädchen, nun macht schon, die Welt gehört euch! !
„Meine Mutter” / Dukesz Vica
Ich war ein Kind und tat
zögernd die ersten Schritte,
Mutter war immer dabei, mein Schutzengel.
Später lernte ich auch sprechen,
"Mama" war mein erstes Wort,
das erste und das schönste Wort.
Ich war meiner lieben Mutter Schatz,
behütet wie eine Blume vor Kälte und Wind.
Sie heilte meine aufgeschlagenen Knie
und brachte mir sanft Gebete bei
mit denen ich Gott im Stillen
um Gesundheit für sie bitte.
Wenn Freunde dich verlassen und verraten,
kannst du nur auf eine zählen,
die nie verletzt, verlässt, betrügt, und immer bei mir ist,
so ist nur ein einziger Freund auf dieser Welt, meine Mutter.